Rheumatoide Arthritis: Therapie
Inhaltsverzeichnis
Wie erfolgt die Behandlung von rheumatoider Arthritis?
Laut Vorgaben der Europäischen Rheumaliga (EULAR) soll jede Patientin/jeder Patient eine maßgeschneiderte, zielgerichtete Therapie („Treat-to-target“) bekommen. Dabei wird das Behandlungsziel von Patientin/Patient und Ärztin/Arzt gemeinsam festgelegt. Wird dieses Ziel mit einer bestimmten Behandlung innerhalb von drei Monaten nicht erreicht, erfolgt eine Anpassung der Therapie. Auch bei weitgehender Schmerzfreiheit der/des Betroffenen wird die Zielerreichung im Rahmen regelmäßiger Kontrollen durch die Rheumatologin/den Rheumatologen überprüft. Dabei werden die Krankheitsaktivität bzw. die erreichten Veränderungen mittels bestimmter kombinierter Scores („Composite Scores“) erfasst und dokumentiert.
Medikamentöse Therapie
Zur medikamentösen Therapie der RA stehen folgende Substanzen bzw. Substanzgruppen zur Verfügung, die alleine oder in unterschiedlichen Kombinationen zum Einsatz kommen können:
DMARDs
Die Gabe von DMARDs (Disease-modifying antirheumatic drugs, zu Deutsch krankheitsmodizifierende Antirheumatika) wird auch als Basistherapie bezeichnet. Unterschieden werden folgende Substanzgruppen:
- Konventionelle synthetische DMARDs (cs DMARDS): z.B. Methotrexat (MTX; wird in allen Leitlinien als erstes Basismedikament eingesetzt), Leflunomid, Sulfasalazin, Hydrochloroquin.
- Biologische DMARDs (Biologika, bDMARDS): biotechnologisch (im Gegensatz zu synthetisch) hergestellte Arzneimittel. Diese werden weiter unterteilt in Original-Biologika (boDMARDS) und Biosimilars (bsDMARDS). Biologika werden in verschidene Untergruppen eingeteilt, z.B. TNF(Tumornekrosefaktor)-Hemmer (Adalimumab, Certolizumab, Etanercept, Golimumab, Infliximab), IL-6-(Interleukin-6)-Blocker (Sarilumab, Tocilizumab), IL-1-(Interleukin-1)-Blocker (Anakinra), T-Zell-Blocker (Abatacept) und B-Zell-Blocker (Rituximab).
- Zielgerichtete synthetische DMARDs (ts DMARDS): JAK-Inhibitoren (Baracitinib, Tofacitinib).
Wenn mit einer Basistherapie nach drei bis maximal sechs Monaten das Therapieziel nicht erreicht wird, muss die Behandlungsstrategie gewechselt werden. Die individuell angepasste Dauertherapie muss auch bei Beschwerdefreiheit weitergeführt werden, um den Langzeiterfolg sicherzustellen. Änderungen oder Behandlungspausen dürfen nur in Absprache mit der Rheumatologin/dem Rheumatologen erfolgen.
Glukokortikoide
Ergänzend zur so genannten Basistherapie sollten bei Einleitung der Therapie Glukokortikoide („Kortison“) gegeben werden. Es wird eine Startdosis von 10 bis zu 30 mg Prednisolon pro Tag empfohlen. Diese Dosis sollte innerhalb von acht Wochen deutlich vermindert und nach drei bis sechs Monaten idealerweise ganz weggelassen werden. Die Gabe von Kortison in einzelne, besonders schwer betroffene Gelenke (in Form einer Spritze/Gelenkinjektion) ist eine in der Praxis weiterhin oft angewandte Möglichkeit.
Hinweis
Bei geplanter oder bereits eingetretener Schwangerschaft ist es unbedingt erforderlich, die Rheumatologin/den Rheumatologen zu informieren, um die medikamentöse Therapie entsprechend abzustimmen.
Nicht medikamentöse Therapie
Neben der medikamentösen Dauertherapie können die Symptome der RA wie z.B. Schmerzen, Funktions- und Bewegungseinschränkungen, aber auch Müdigkeit, Depression und Niedergeschlagenheit durch physikalische Therapien, Bewegungs- und Physiotherapie, Ergotherapie (Erlernen gelenkschonender Bewegungen und Alltagstätigkeiten), Entspannungstechniken, Verhaltensveränderungen im Alltag (aktiver Lebensstil mit viel Bewegung), unterstützende Schienen und praktische Hilfsmittel maßgeblich verringert werden. Dadurch wird – im Zusammenwirkung mit einer medikamentösen Reduktion der Entzündungsvorgänge – auch die häufig mit RA assoziierte Müdigkeit wesentlich verringert.
Depression und Niedergeschlagenheit gehören zum Krankheitsbild der rheumatoiden Arthritis. Psychologische Beratung, Schulung und Krankheitsbewältigungsprogramme oder begleitende psychotherapeutische Verfahren können helfen, mit Stimmungsschwankungen besser umgehen zu lernen und mit den krankheitsbedingten Herausforderungen leichter zurechtzukommen. Verschiedenste Methoden wie z.B. Verhaltenstherapie, Entspannungsübungen, Meditation, Yoga oder Tai-Chi ermöglichen eine bessere Stress- und Schmerzbewältigung.
Bei Bedarf können mittels chirurgischer Eingriffe die Gelenksinnenhaut entfernt sowie Fehlstellungen korrigiert werden.
Wohin kann ich mich wenden?
Bei folgenden Beschwerden sollten Sie umgehend eine Ärztin/einen Arzt für Allgemeinmedizin oder eine Fachärztin/einen Facharzt für Innere Medizin (Spezialgebiet Rheumatologie) aufsuchen:
- Gelenksschmerzen und -schwellungen, die dauerhaft bestehen;
- Morgensteifigkeit in den Gelenken, die im Lauf des Tages nachlässt;
- Fingerknöchel, die bei geballter Faust nicht mehr erkennbar sind.
Biologika für die Rheumabehandlung dürfen nur von einer Fachärztin/einem Facharzt für Rheumatologie erstverordnet werden.Die alltägliche medizinische Behandlung erfolgt durch die Hausärztin/den Hausarzt. In regelmäßigen Abständen (oft alle drei Monate, gelegentlich auch öfter) sollte die Fachärztin/der Facharzt für Rheumatologie für Folgeuntersuchungen aufgesucht werden. Dabei werden alle Gelenke untersucht, die Krankheitsaktivität festgestellt und die Medikation überprüft.
An der Betreuung können meist Angehörige folgender Berufsgruppen beteiligt sein:
- Gesundheits- und Krankenpflege,
- Physiotherapie,
- Ergotherapie,
- Diätologie,
- Sozialarbeit,
- Psychotherapie,
- Psychologie.
Nähere Informationen finden Sie auf der Webseite der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation (ÖGR).
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Die Kosten für Biologika werden nur übernommen, wenn sie von einer Fachärztin/einem Facharzt für Rheumatologie erstverschrieben werden. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger. Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:
- Recht auf Behandlung
- Arztbesuch: Kosten und Selbstbehalte
- Was kostet der Spitalsaufenthalt
- Rezeptgebühr: So werden Medikamentenkosten abgedeckt
- Reha & Kur
- Heilbehelfe & Hilfsmittel
- Gesundheitsberufe A-Z
sowie über den Online-Ratgeber Kostenerstattung der Sozialversicherung.
Was kann ich selbst tun?
Die Patientin/der Patient kann selbst viel zu einer guten Lebensqualität beitragen, indem sie/er geistig und körperlich aktiv ist und mit der Krankheit bestmöglich umzugehen lernt. Von großer Wichtigkeit sind generell körperliche und geistige Aktivität sowie insbesondere z.B.:
- Training, Bewegung (v.a. gelenksschonende Sportarten wie Schwimmen, Wassergymnastik, Spazierengehen),
- gesundheitsfördernde Ernährung,
- Nichtrauchen,
- Übergewicht vermeiden bzw. Normalgewicht anstreben,
- soziale Kontakte und
- die genaue Einhaltung der medikamentösen Therapie,
- Beitritt zu einer Selbsthilfegruppe.
Hinweis
Empfehlenswert sind Impfungen gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten und Pneumokokken. Während der Einnahme von das Immunsystem beeinflussenden Medikamenten kann der Effekt von Impfungen vermindert sein. Lebendimpfstoffe (z.B.Gelbfieber, Röteln) sind mit diesen Therapien nicht erlaubt. Impfungen gegen FSME und Influenza sind erlaubt. Ausführliche Informationen finden Sie unter Impfungen.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 15. August 2019
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Priv.-Doz. Dr. Josef Hermann, Arzt für Allgemeinmedizin, Facharzt für Innere Medizin, Zusatzfach Innere Medizin (Rheumatologie), Zusatzfach Innere Medizin (Geriatrie)