Die Therapie wird je nach Schwere des Untergewichts zu Hause oder im Krankenhaus vorgenommen. Neben der Behandlung der Ursache des Untergewichts wird eine Ernährungstherapie begonnen. Bei leichtem Untergewicht wird eine Ernährungsumstellung eingeleitet. Meist erarbeitet die/der Betroffene einen Ernährungsplan gemeinsam mit einer Diätologin/einem Diätologen. Es wird bei der Nahrungszufuhr auf eine Aufnahme von hohen Energiemengen und ausreichenden Nährstoffen geachtet.
Ernährungsempfehlungen bei Untergewicht:
- Nahrungsmittel mit hoher Energiedichte bevorzugen: z.B. Fruchtsäfte, Nüsse, Banane;
- mindestens fünf kleine Mahlzeiten – große Mahlzeiten führen oft zu Übelkeit und allgemeinem Unwohlsein;
- vollwertige Kost (siehe: Ernährungspyramide);
- seltener Verzehr von „leeren“ fett- oder zuckerreichen Nahrungsmitteln mit geringem Anteil an Vitaminen, Mineralstoffen bzw. Ballaststoffen (z.B. Chips oder Limonade);
- Beachtung individueller Vorlieben.
Hinweis
Die Einheiten für den Energiegehalt von Nahrungsmitteln sind Kilokalorien (kcal) bzw. Kilojoule (kJ).
Bei schwerem Untergewicht wird zusätzlich Nahrung über energiedichte Nahrungsergänzungsmittel oder über die Nasensonde (nasogastrale Sonde) verabreicht. Wenn Nahrung über den Mund bzw. die Speiseröhre langfristig nicht aufgenommen werden kann, ist die Ernährung über eine PEG-Sonde möglich. Dafür wird im Rahmen eines endoskopischen Eingriffs eine künstliche Verbindung zwischen Bauchdecke und Magen hergestellt. Über diese Verbindung wird eine verschließbare Magensonde eingeführt und daraufhin fixiert. So kann Nahrung direkt in den Magen verabreicht werden. Wenn die Nahrungsaufnahme über den Mund bzw. Magen-Darm-Trakt nicht möglich ist, können Nährlösungen auch über Infusionen in eine Vene verabreicht werden. Diese Ernährungsform wird parenterale Ernährung genannt.
Bewegung wirkt sich förderlich auf die Gewichtszunahme aus, wenn dabei nicht zu viel Energie verbraucht wird. Nach körperlicher Betätigung sollten innerhalb von zwei Stunden Eiweiß bzw. Kohlenhydrate zugeführt werden, um einen nachhaltigen Muskelaufbau und ein Auffüllen der Kohlenhydratspeicher (Glykogenspeicher) zu gewährleisten. Muskelkräftigungsübungen unterstützen den Muskelaufbau. Dehnübungen können Verspannungen lösen und wirken allgemein entspannend. Begleitendes Gedächtnistraining beschleunigt die Rückbildung von Gedächtnisstörungen.
Bei Personen, die auf die Unterstützung anderer Menschen angewiesen sind, ist unter Umständen eine Veränderung der Betreuungssituation notwendig. Manchmal kann erst dadurch eine zufrieden stellende Gewichtszunahme bzw. die Aufrechterhaltung des Normalgewichtes erreicht werden. Dann ist die Organisation von Hilfspersonen bzw. einer Unterbringung in einer Betreuungseinrichtung notwendig. Kinder und Jugendliche können dabei durch das Jugendamt unterstützt werden. Hilfsbedürftige alte und kranke Menschen erhalten Unterstützung durch eine Sozialarbeiterin/einen Sozialarbeiter.
Probleme bei der Behandlung
Durch den Wiederbeginn einer Nährstoffzufuhr kann es zum Auftreten eines sogenannten Refeeding-Syndroms kommen. Dabei entwickeln sich schwerwiegende Störungen des Elektrolythaushaltes sowie ein Mangel an Vitamin B1 ( Thiamin) und es kommt zu einer Verminderung der Wasser- und Natriumausscheidung. Durch die Eiweißaufnahme kann zusätzlich der Ammoniakspiegel steigen. Das Refeeding-Syndrom ist durch verschiedene schwere, potenziell lebensbedrohliche Organfunktionsstörungen gekennzeichnet. Daher muss die Behandlung von schwerem Untergewicht immer unter ärztlicher Beobachtung stattfinden. Die Entstehung eines Refeeding-Syndroms kann durch eine anfangs niedrigkalorische Ernährung mit im weiteren Verlauf langsamer Steigerung der täglich zugeführten Energiemenge verhindert werden.
Bei schwer Untergewichtigen ist der Körper nur mehr „auf Überleben“ eingestellt. Die Aktivität des Immunsystems ist stark herabgesetzt. Wenn sich das Immunsystem durch die Behandlung erholt, kann es auf Infektionen sehr intensiv reagieren. Das kann zu schweren Verläufen von Infektionserkrankungen führen. Daher müssen Infektionen während der Gewichtszunahme sorgfältig behandelt werden.
Langanhaltendes schweres Untergewicht kann zu einer Dünndarmschädigung führen. Im Dünndarm werden die meisten Nährstoffe aufgenommen. Die Behandlung von Untergewicht kann dadurch erschwert werden.