Antidepressiva werden zum Teil auch bei anderen Krankheiten verschrieben – zum Beispiel Angsterkrankungen – und beeinflussen den Gehirnstoffwechsel. Antidepressiva erhöhen die Verfügbarkeit dieser für die Stimmung relevanten Überträgerstoffe und greifen zumeist an folgenden Punkten an:
- Hemmung der Wiederaufnahme von Neurotransmittern in die Speicher der Nervenzellen,
- Hemmung des Abbaustoffes von Neurotransmittern,
- vermehrte Ausschüttung von Neurotransmittern.
Dadurch steigt die Konzentration dieser Botenstoffe und die Stimmung bei depressiven Patientinnen/Patienten – jedoch erst nach längerer Behandlungsdauer (oft erst nach mehr als zwei Wochen).
Gruppen von Antidepressiva
Es gibt mehrere Gruppen von Antidepressiva:
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (Selektive Serotonin-Reuptake-Inhibitoren, Abkürzung SSRI): Diese verhindern, dass Serotonin wieder zurück in seine Speicher befördert wird. Somit steht mehr davon zur Verfügung.
- Selektive Serotonin-/Noradrenalin-Rückaufnahme-Inhibitoren (SSNRI): blockieren gezielt den Rücktransport von Serotonin und Noradrenalin in die Nervenzellen (Neuronen).
- Selektive Noradrenalin-Dopamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NDRI): Diese Antidepressiva hemmen gezielt den Rücktransport von Noradrenalin und Dopamin in die Nervenzellen (Neuronen).
- Melatonin-Rezeptor-Agonisten (MT1/MT) und Serotonin 5-HT2C-Rezeptor-Antagonisten (Agomelatin): Melatonin-Rezeptor-Agonisten wirken eher schlaffördernd. Agomelatin blockiert zusätzlich Serotonin-5-HT2C-Rezeptoren und hat deshalb antidepressive Wirkungen.
- Alpha2-Rezeptor-Antagonisten: Diese Medikamente blockieren die Noradrenalin-Rezeptoren für Noradrenalin an den Nervenzellen und bewirken gleichzeitig eine Steigerung der Ausschüttung dieses Botenstoffes. Man verwendet sie bei Depressionen, die vor allem von „innerer“ Unruhe oder Schlafstörungen geprägt sind.
- Nichtselektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NSMRI): Zu diesen werden auch die sogenannten trizyklischen Antidepressiva gezählt. Sie gehören heute nicht mehr zu den Mitteln der ersten Wahl, da es andere Antidepressiva gibt, die gezielter wirken (z.B. selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI). Bei Nichtansprechen auf selektive Medikamente oder bei sehr starken Depressionen kommen auch die nichtselektiven Monoamin-Wiederaufnahmehemmer zum Zug.
- Lithiumionen: Wie genau Lithium wirkt, ist bis dato noch umstritten. Wird es als Dauermedikation verabreicht, beugt es depressiven oder manischen Schüben vor. Die Wirkung tritt jedoch erst nach Monaten ein. Der Lithiumspiegel im Blut muss in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, da Lithium ein toxisches Medikament ist, das in sehr hohen Dosen zu schweren Nebenwirkungen führen kann. Lithium findet allerdings hauptsächlich bei bipolaren Störungen („manisch-depressiv“) Anwendung.
Wirkungsnachweise
Die Wirkung von Antidepressiva bei milden depressiven Erkrankungen ist noch nicht ausreichend mit hoher Evidenz untermauert. Bei mittelschweren sowie schweren Depressionen ist die Wirksamkeit besser bewiesen. Nähere Informationen finden Sie auf gesundheitsinformation.de.
Wann können Anpassungen der Therapie notwendig sein?
Spricht eine Patientin/ein Patient nach vier Wochen nicht auf eine Therapie mit einem Antidepressivum an, sollten die Gründe dafür abgeklärt werden bzw. das Therapiekonzept adaptiert werden. Z.B. kann die Wirkung eines Antidepressivums durch die Gabe eines weiteren Medikaments, das kein Antidepressivum ist, verstärkt werden (Augmentation). Oder man wechselt von einem Antidepressivum auf ein anderes (Switching). Es kann zudem versucht werden, ein weiteres Antidepressivum einzunehmen (Kombination). Zudem kann eine Psychotherapie – sofern noch nicht erfolgt – abgewogen werden. Bei der medikamentösen Therapie achtet die Ärztin/der Arzt auf mögliche Wechselwirkungen der verschiedenen Medikamente. Diese dürfen daher nur in verschriebener Dosis eingenommen werden. Es besteht sonst z.B. die Gefahr eines sogenannten Serotoninsyndroms. Das Absetzen der Medikamente bei Genesung erfolgt schrittweise in immer niedriger werdender Dosierung über Wochen. Es kann aber auch eine weitere Medikamenteneinnahme zur Vermeidung von Rückfällen oder Rezidiven notwendig sein.
Hinweis
Die Einnahme von Antidepressiva kann zu Beginn das Suizidrisiko erhöhen. Scheuen Sie sich nicht, bei Suizidgedanken Hilfe zu holen und achten Sie als Angehörige/Angehöriger auf mögliche Anzeichen. Nähere Informationen sowie Notrufnummern finden Sie auf dem öffentlichen Suizidpräventionsportal.