Vor der Therapie sollten in jedem Fall gemeinsam mit der Patientin/dem Patienten sowie mit der Familie eine Aufklärung über die Erkrankung und Behandlung erfolgen. Es werden zudem individuelle Therapieziele definiert. Ein Spitalsaufenthalt (mitunter nach dem Unterbringungsgesetz) ist etwa bei starken Belastungen sowie bei akuter Suizidalität notwendig. Eltern werden in die Therapie mit einbezogen, da ein stabiles und verständnisvolles Familienumfeld wichtig für die Genesung ist. Auch eine Familientherapie kann zur Anwendung kommen. Eltern können u.a. auch in Selbsthilfegruppen Unterstützung finden.
Hinweis
Aus Sicht der evidenzbasierten Medizin kann nicht klar gesagt werden, welche Therapie den besten Nutzen nach sich zieht. Dies muss individuell mit der jeweiligen Ärztin/dem jeweiligen Arzt besprochen werden.
Behandlung von depressiven Störungen/Episoden
Die Therapie von reinen Depressionen richtet sich nach der S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Bei älteren Jugendlichen sollten für die Behandlung auch Leitlinien für Erwachsene hinzugezogen werden.
Bei leichten depressiven Episoden kann für den Beginn psychosoziale Unterstützung und Psychoedukation bei kleineren Kindern ausreichen. Für ältere Kinder und Jugendliche mit leichter bis mittelgradiger Depression ist Psychotherapie die Behandlungsmethode der Wahl. Besonders wissenschaftlich nachweisbar wirksam sind dabei Ansätze aus der kognitiven Verhaltenstherapie sowie aus der Interpersonellen Psychotherapie. Ein allgemeiner wichtiger Faktor für den Therapieerfolg einer Psychotherapie ist jedoch auch die therapeutische Beziehung. Daher ist es wesentlich, dass das Kind oder die Jugendliche/der Jugendliche gut mit der Psychotherapeutin/dem Psychotherapeuten zusammenarbeiten kann.
Medikamentöse Behandlung im Kindes- und Jugendalter wird bei folgenden Ausprägungen der depressiven Störung empfohlen:
- Nicht ausreichender Effekt alleiniger Psychotherapie über zwölf Wochen
- Schwere depressive Störungen
- Suizidalität
- Wahnvorstellungen
Bei Winterdepression kann eine morgendliche Lichttherapie (10.000 Lux für 30 Minuten über zwei bis vier Wochen) erfolgen.
Schwere Depressionen
Bei schweren Depressionen sollte die Behandlung gleich von Beginn an mittels einer Kombination aus SSRI (Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) sowie Psychotherapie bestehen und erfolgt meist stationär. Für Kinder ab acht Jahren ist Fluoxetin zugelassen; alternativ Sertralin (ab zehn Jahren bei Zwangsstörungen zugelassen) oder Escitalopram bzw. Citalopram. Auf Zeichen von Nebenwirkungen ist zu achten und die Ärztin/der Arzt umgehend zu informieren – vor allem wenn es zu Suizidgedanken, Aggressionen sowie Ängsten und Schlaflosigkeit kommt. Tritt innerhalb von zwölf Wochen Psychotherapie oder vier Wochen Medikamenteneinnahme keine Besserung ein, sollte die Therapie verändert werden (andere Psychotherapieform, anderes Medikament). Auch wenn Betroffene mindestens zwei Monate symptomfrei sind, sollten sie für mindestens ein halbes Jahr Medikamente nehmen. Die weitere Therapie hängt vom Schweregrad der ersten Episode bzw. von der Häufigkeit bisheriger Episoden, verbliebenen Symptomen (Residualsymptome) sowie den Nebenwirkungen ab. Es ist wichtig, dass Eltern/Bezugspersonen sowie ab einem gewissen Alter auch Jugendliche selbst erneute depressive Symptome möglichst rasch erkennen, um frühzeitig therapeutisch gegenzusteuern. Denn das Risiko für eine weitere er aufgetretenen Episode.
Hinweis
Für Johanniskraut liegen keine Wirksamkeitsnachweise zur Behandlung von depressiven Zuständen bei Kindern und Jugendlichen vor.
Behandlung einer bipolaren Depression
Depressive Phasen im Rahmen einer bipolaren Störung werden anders behandelt als reine Depressionen. So werden z.B. keine Antidepressiva (außer mitunter bei Jugendlichen) in diesem Fall angewandt, da sie einen sogenannten „Switch“ (Stimmungshoch fällt rasch in ein Stimmungstief bzw. umgekehrt) begünstigen. Arzneimittel für depressive Episoden im Rahmen einer bipolaren Störung bei Kindern und Jugendlichen sind momentan nur außerhalb dafür zugelassener Medikamente – im Sinne eines „Off-label-Use“ bzw. im Rahmen einer klinischen Studie möglich. Dabei werden Stimmungsstabilisierer bzw. atypische Neuroleptika hinzugezogen.
Behandlung von Manie
Bei der Therapie einer reinen Manie hat die medikamentöse Behandlung einen zentralen Stellenwert. Bei hoher Erregung mit Selbstüberschätzung oder risikoreichem Verhalten (ggf. mit Suizidalität) kann ein stationärer Aufenthalt (mitunter nach dem Unterbringungsgesetz) notwendig sein.
Wesentlich ist, dass eine genaue Psychoedukation erfolgt – sowohl der Patientin/des Patienten als auch der Familie. Das Krankheitsbild sollte genau erläutert sowie die möglichen individuellen Behandlungsmaßnahmen besprochen werden.
Die Behandlung der Manie bei Kindern und Jugendlichen bietet bis dato nur einige wissenschaftlich nachgewiesene Maßnahmen. Empfohlen wird ein sogenanntes atypisches Neuroleptikum z.B. Aripiprazol (ab dem 13. Lebensjahr zugelassen), Quetiapin, Olanzapin bzw. Risperdon. Es kann auch ein stimmungsstabilisierender Wirkstoff zum Einsatz kommen (z.B. Valproat oder Lithium). Nach der Akutbehandlung folgt eine sogenannte Phasenprophylaxe (gegebenenfalls auch mit Lamotrigin). Diese wird bereits nach der zweiten manischen Phase empfohlen. Wie lange diese Behandlung erfolgt, wird individuell abgestimmt. Zudem gehört die Psychotherapie zu den Behandlungssäulen der Manie. Da die meisten Medikamente nicht an Kindern untersucht sind, müssen diese „off-label“ eingesetzt werden. Dies betrifft generell viele Substanzen, die in der Kinderheilkunde und in der Kinder- und Jugendpsychiatrie eingesetzt werden.