In den letzten Jahren wurden Medikamente mit völlig neuartigen Wirkprinzipien entwickelt. Sie greifen direkt an unterschiedlichen Punkten des Vermehrungszyklus des Hepatitis-C-Virus ein und werden daher als direkt antiviral wirkende Substanzen (DAAs = Direct Acting Antivirals) bezeichnet. Je nach Wirkansatz werden als Untergruppen Proteasehemmer, Polymerasehemmer und NS5A-Hemmer unterschieden.
Derzeit sind europaweit acht moderne DAAs für die Therapie der chronischen Hepatitis C zugelassen. Die DAAs beinhalten einen oder mehrere Wirkstoffe (Elbasvir/Grazoprevir, Daclatasvir, Dasabuvir, Ombitasvir/Paritaprevir/Ritonavir, Simeprevir, Sofosbuvir, Sofosbuvir/Ledipasvir, Sofosbuvir/Velpatasvir) und werden einzeln oder in Kombination verabreicht. Zusätzlich kann die Gabe von Ribavirin bzw. bei manchen Patientinnen/Patienten die Gabe von pegyliertem Interferon alfa notwendig sein. Alle DAAs werden oral eingenommen und zeichnen sich durch ein günstiges Nebenwirkungsprofil aus.
Zahlreiche Studien zeigten, dass durch Kombination von zwei oder drei dieser neuen DAAs aus unterschiedlichen Klassen eine erfolgreiche Therapie der chronischen Hepatitis C auch ohne Interferon möglich ist. Die Wahl der Therapie hängt vom Genotyp und vom Stadium der Lebererkrankung ab. Die Therapiedauer beträgt meist zwölf Wochen. In manchen Fällen ist eine Therapieverkürzung auf acht Wochen oder eine Therapieverlängerung auf bis zu 24 Wochen sinnvoll. Alle genannten neuen DAAs weisen eine hervorragende Wirksamkeit gegen den Genotyp 1 auf. Bei den anderen Genotypen sind die Heilungsraten etwas geringer. Insgesamt können meist Heilungsraten von rund 90 bis 95 Prozent erzielt werden, selbst beim schwer zu behandelnden Genotyp 3.
Neue Therapieregime beim Genotyp 1
Da die genannten modernen DAAs eine hohe Wirksamkeit gegen den Genotyp 1 aufweisen, stehen zur Behandlung dieses Genotyps derzeit vier Therapieregime zur Auswahl:
- Sofosbuvir + Simeprevir
- Sofosbuvir + Daclatasvir
- Sofosbuvir + Ledipasvir
- Paritaprevir/Ritonavir + Ombitasvir + Dasabuvir
Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass bei Patientinnen/Patienten, bei welchen die Leber noch eine gute Funktion aufweist, mit allen vier Therapieregimen Heilungsraten von über 95 Prozent bei praktisch vollständigem Fehlen von Nebenwirkungen erzielt werden können. Die Kombinationen Sofosbuvir + Simeprevir bzw. Sofosbuvir + Daclatasvir sind allerdings deutlich teurer als die beiden anderen Schemata, sodass sie für die Therapie des Genotyp 1 in Österreich derzeit von den Krankenversicherungsträgern nicht refundiert werden. Es werden daher im Folgenden nur die beiden anderen Therapieregime beschrieben.
- Sofosbuvir + Ledipasvir: Die beiden Wirksubstanzen sind in einer Tablette vereint, die einmal täglich eingenommen werden muss. Für Patientinnen/Patienten ohne Leberzirrhose, bei denen noch nie eine Therapie der chronischen Hepatitis C durchgeführt wurde, ist eine achtwöchige Therapie ausreichend. Alle anderen Patientinnen/Patienten sollten zwölf Wochen lang behandelt werden.
- Paritaprevir/Ritonavir + Ombitasvir + Dasabuvir: Hier sind drei moderne DAAs miteinander kombiniert. Durch die zwölfwöchige Gabe dieses sogenannten „3D-Regimes“ konnten bei Patientinnen/Patienten mit noch guter Leberfunktion Heilungsraten von deutlich über 90 Prozent erzielt werden. Bei manchen Patientengruppen (insbesondere bei Genotyp 1a) wird die zusätzliche Gabe von Ribavirin empfohlen.
- Patientinnen/Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose: Von einer dekompensierten Leberzirrhose spricht man, wenn das Organ den Funktionsrückgang nicht mehr kompensieren und somit seine Aufgaben erfüllen kann. Ist dies der Fall, können nicht alle modernen DAAs uneingeschränkt empfohlen werden: Die beiden Proteasehemmer Simeprevir und Paritaprevir werden in der Leber abgebaut, sodass bei stark eingeschränkter Leberfunktion die Gefahr besteht, dass relevante Nebenwirkungen auftreten. Im Gegensatz dazu sind bei den NS5A-Inhibitoren Daclatasvir und Ledipasvir sowie bei dem Polymerasehemmer Sofosbuvir diesbezüglich keine Probleme zu befürchten. Bei Patientinnen/Patienten mit dekompensierter Leberzirrhose wurden bisher die Kombinationen Sofosbuvir + Ledipasvir bzw. Sofosbuvir + Daclatasvir am besten untersucht.
Neue Therapieregime beim Genotyp 2
Bei Patientinnen/Patienten mit Genotyp 2 können mit einer zwölfwöchigen Therapie mit Sofosbuvir + Ribavirin virologische Heilungsraten von über 90 Prozent erzielt werden. Bei Patientinnen/Patienten mit Leberzirrhose sollte eine Therapieverlängerung auf 16 bis 20 Wochen erwogen werden. Eine sehr gute, aber teurere Alternative besteht in der Kombination aus Sofosbuvir + Daclatasvir über zwölf Wochen.
Neue Therapieregime beim Genotyp 3
Mit den neuen DAA-Regimen stellt der Genotyp 3 den am schwierigsten zu behandelnden Genotyp dar. Das derzeit beste Therapieregime ist die Kombination aus Sofosbuvir + Daclatasvir: Mit einer zwölfwöchigen Therapie konnten bei Patientinnen/Patienten ohne Leberzirrhose virologische Heilungsraten von über 95 Prozent erzielt werden. Für Patientinnen/Patienten mit Leberzirrhose scheint allerdings eine längere Therapiedauer und/oder die zusätzliche Gabe von Ribavirin erforderlich zu sein. Als Alternative zur Kombination Sofosbuvir + Daclatasvir kann eine 24-wöchige Therapie mit Sofosbuvir + Ribavirin oder eine zwölfwöchige Therapie mit Sofosbuvir + Ledipasvir + Ribavirin erwogen werden.
Neue Therapieregime beim Genotyp 4
Für den Genotyp 4 stehen im Wesentlichen dieselben Therapieregime zur Verfügung wie für den Genotyp 1. Der wichtigste Unterschied besteht darin, dass beim „3D-Regime“ Dasabuvir (wegen mangelnder Wirksamkeit gegen Genotyp 4) weggelassen wird und Paritaprevir/Ritonavir + Ombitasvir stattdessen mit Ribavirin kombiniert werden.