Welche Behandlungen (mitunter auch als Vorbereitung auf die Operation) durchgeführt werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen:
- das Alter des betroffenen Kindes: bei Säuglingen und Kleinkindern unter 18 Monaten verläuft die Erkrankung oft günstiger als bei älteren Kindern,
- die Lage des Tumors,
- die Tumorausbreitung (Krankheitsstadium); diese kann erst nach der Operation mit Sicherheit festgestellt werden,
- molekulargenetische Merkmale der Tumorzellen (z.B. MycN-Gen nachgewiesen oder nicht).
Mithilfe dieser Kriterien werden die Betroffenen in verschiedene Risikogruppen eingeteilt und die weiteren Maßnahmen geplant. Diese können von einer alleinigen Beobachtung (bei Erwartung einer spontanen Rückbildung) bis hin zu komplexen Behandlungsstrategien reichen, die sich aus Elementen von Chemotherapien, Hochdosischemotherapien (auch in Kombination mit nuklearmedizinischen Substanzen) gefolgt von Stammzelltransplantationen, Operation und Strahlentherapien sowie Immuntherapie und Vitamin-A-Gabe zusammensetzen können.
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Niedrigrisikogruppe (Beobachtungsgruppe)
Bei Patientinnen/Patienten mit prognostisch günstigen Merkmalen (z.B. kleine Tumore, keine Tumorabsiedelungen in anderen Organen, keine ungünstigen genetischen Mutationen, Alter unter zwei Jahren) ist die Operation häufig die einzige notwendige Behandlung, vor allem, wenn der Tumor dabei vollständig entfernt werden kann.
Ist eine vollständige Entfernung des Tumors nicht möglich (z.B. aufgrund seiner Lage), kann bei insgesamt niedrigem Risiko und jungem Patientenalter unter Umständen trotzdem auf weitere Behandlungen verzichtet werden. Dabei muss in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden (z.B. mittels Ultraschall, MRT, Blutuntersuchung), ob sich der Tumor von alleine zurückbildet oder ob er weiter wächst. Wenn der Tumor weiter wächst oder Symptome auftreten, wird meist eine Chemotherapie begonnen, mit dem Ziel, eine Rückbildung des Tumors zu erreichen.
Bei Neugeborenen und Säuglingen kann nach erfolgter Biopsie entweder ganz auf die Operation verzichtet werden oder mit dieser unter Umständen bis zum Alter von zwei Jahren gewartet werden, sofern der Tumor keine Beschwerden verursacht.
Zudem gibt es eine Sonderform des Neuroblastoms im Säuglingsalter, die zwar früh Metastasen bildet, sich aber dennoch ohne therapeutische Maßnahmen spontan rückbilden kann. Da aber auch ein überschießendes Fortschreiten der Erkrankung auftreten kann, müssen diese Säuglinge an einem spezialisierten Zentrum sorgfältig überwacht werden. Nur so kann - wenn nötig - rechtzeitig doch die Entscheidung zur Gabe einer Chemotherapie getroffen werden. Bei günstigem Verlauf und ohne ungünstige biologische Merkmale der Zellen kann diese aber dem jeweiligen Säugling erspart bleiben.
Mittlere Risikogruppe
Bei weiter fortgeschrittener Erkrankung (z.B. Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen) bzw. bei ungünstigeren prognostischen Merkmalen (z.B. höheres Alter, Veränderung in Chromosom 1p) wird im Anschluss an die Operation eine Chemotherapie durchgeführt. Dabei werden je nach Risiko zwei bis sechs Chemotherapiezyklen verabreicht, wobei je nach Ansprechen des Tumors verschiedene Zytostatika miteinander kombiniert werden.
Nur wenn ungünstige histologische Merkmale vorliegen, wird zusätzlich eine Strahlentherapie durchgeführt. Damit sollen auch jene Krebszellen, die die Chemotherapie überlebt haben, zerstört werden. Idealerweise lässt sich das Tumorgewebe durch Chemo- bzw. Strahlentherapie so sehr verkleinern, dass es durch eine erneute Operation vollständig entfernt werden kann.
Hochrisikogruppe
Patientinnen/Patienten mit weit fortgeschrittener Erkrankung (Tumorabsiedelungen in anderen Organen) ab einem Alter von 18 Monaten fallen in die sogenannte Hochrisikogruppe, ebenso wie alle Patienten bei nachgewiesener MycN-Amplifikation unabhängig vom Alter. Das Risiko eines Krankheitsrückfalles nach erfolgter Therapie ist in dieser Gruppe hoch. Um es so weit wie möglich zu reduzieren, ist eine Kombination verschiedener Behandlungen notwendig.
Nach Bestätigung der Diagnose durch die Biopsie wird zunächst über mehrere Wochen eine intensive Chemotherapie durchgeführt. Bei gutem Ansprechen wird geprüft, ob eine Operation möglich ist, und der Primärtumor wird gegebenenfalls entfernt.
Zudem müssen Blutstammzellen aus dem eigenen Blut für die nachfolgend geplante Hochdosischemotherapie gewonnen werden. Die verabreichten Zytostatika sind dabei so hoch dosiert, dass sie möglichst alle noch verbliebenen Krebszellen restlos zerstören. Dabei wird jedoch auch das gesamte blutbildende System im Knochenmark in Mitleidenschaft gezogen. Im Anschluss an die Hochdosistherapie werden daher die eigenen Blutstammzellen wieder übertragen, um die neue Bildung aller Blutzellen zu ermöglichen (sogenannte autologe Stammzelltransplantation). Eine Hochdosischemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation ist heute ein etabliertes Verfahren mit wenigen Risiken, und internationalen Studien haben belegt, dass sie signifikant bessere Heilungschancen ermöglicht.
Die Hochdosistherapie kann auch mit einer sogenannten mIBG-Therapie kombiniert werden: Dabei wird radioaktiv markiertes Methyljodbenzylguanidin (mIBG) verabreicht, das sich speziell in Neuroblastomzellen anreichert. Diese Eigenschaft wird einerseits für diagnostische Zwecke eingesetzt, um Tumorzellen sichtbar zu machen (MIBG-Szintigraphie), kann aber bei höherer Dosierung auch zur Zerstörung von Tumorzellen genutzt werden. Die Behandlung findet in speziellen nuklearmedizinischen Zentren statt.
Nach diesen intensiven Therapiephasen erfolgt jedenfalls eine Strahlentherapie im Bereich der ursprünglichen Tumorregion. Dies ist notwendig, da es aufgrund des speziellen lokalen Wachstumsmusters der Neuroblastome in der Regel nicht möglich ist, alle Tumorzellen durch die Operation komplett zu entfernen.
Anschließend kommt eine Immuntherapie mit einem speziell gegen Neuroblastomzellen gerichteten Antikörper zum Einsatz, welcher mögliche verbliebene Tumorzellen (minimale residuelle Resterkrankungen) eliminieren kann. Auch hier haben internationale Studien gezeigt, dass damit das Überleben in dieser Hochrisikogruppe nochmals deutlich verbessert werden kann. Diese Immuntherapie wird auch mit hochdosiertem Vitamin A kombiniert, das zur Ausreifung von unter Umständen noch verborgenen Tumorzellen beiträgt, wodurch die Zellen ihren aggressiven Charakter verlieren.
In klinischen Studien werden darüber hinaus laufend weitere neuartige Behandlungsansätze erprobt und verbessert. Die behandelnden Ärztinnen/Ärzte informieren individuell, ob die Teilnahme an einer solchen Studie möglich ist und mit welchen Vorteilen dies einhergehen kann.
Nachsorge
Nachsorgeuntersuchungen dienen dazu, eventuell mögliche Spätfolgen einzelner Behandlungen zu beobachten sowie den Erfolg der Behandlung zu kontrollieren und eventuelle Krankheitsrückfälle rechtzeitig zu erkennen. Die Nachsorge besteht bei einem Neuroblastom aus einer Kombination von regelmäßigen körperlichen Untersuchungen, Harn- und Blutuntersuchungen mit Bestimmung von Tumormarkern sowie verschiedenen bildgebenden Untersuchungen (z.B. Ultraschall, MRT, mIBG Szintigraphie). Welche Untersuchungen und welche zeitlichen Abstände wichtig sind, ist abhängig vom Risikoprofil der/des Betroffenen.