Ziel der oft langwierigen Therapie ist es, spaltbedingte Beeinträchtigungen z.B. bei der Nahrungsaufnahme oder beim Sprechen sowie ästhetische Probleme so weit als möglich zu beseitigen bzw. zu reduzieren. Die Behandlung erfordert eine multidisziplinäre Zusammenarbeit und sollte von einem Kompetenzzentrum für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie koordiniert bzw. durchgeführt werden. Nähere Informationen und eine Liste mit spezialisierten Behandlungszentren finden Sie auf der Website der Österreichischen Gesellschaft für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und Kraniofaziale Anomalien (http://www.lkg-spalten.at).
Die chirurgischen Behandlungskonzepte können an den verschiedenen Behandlungszentren voneinander abweichen. Meist sind sie abhängig von der individuellen Form der Spaltbildung und von der jeweiligen chirurgischen Erfahrung. Die wesentlichen Schritte sind jedoch an vielen Zentren sehr ähnlich.
In den ersten Lebenstagen kann je nach Form und Ausprägungsgrad der Spalte die Eingliederung einer sogenannten Gaumenplatte („Trinkplatte“) vorteilhaft sein. Durch die Trennung von Mund- und Nasenhöhle soll die Nahrungsaufnahme erleichtert werden. Darüber hinaus wird die Zungenposition positiv beeinflusst und das Wachstum im Spaltenkiefer gelenkt (Annäherung der Spaltsegmente).Im weiteren Verlauf werden sogenannte Primäroperationen und gegebenenfalls Sekundäroperationen oder Korrektureingriffe durchgeführt. Manche dieser Korrektureingriffe sind bereits im Vorschulalter sinnvoll, andere erst nach Abschluss des Wachstums.
Primäroperation
Darunter versteht man chirurgische Maßnahmen, die dem primären Verschluss der gespaltenen und fehlgebildeten Strukturen dienen:
- Im Alter von drei bis sechs Monaten erfolgt als erster operativer Schritt der Verschluss der Oberlippe.
- Der Gaumen wird meist zwischen dem sechsten und zwölften Lebensmonat verschlossen, in der überwiegenden Zahl der Fälle in einem „einzeitigen“ Verschluss (d.h. Weich- und Hartgaumen werden in einer Operation verschlossen). Bei „zweizeitigem“ Verschluss erfolgt im ersten Eingriff der Weichgaumenverschluss, während der harte Gaumen erst zu einem späteren Zeitpunkt (spätestens im dritten Lebensjahr) verschlossen wird.
- Im Alter von zirka acht bis elf Jahren wird Knochen in den Kieferspaltbereich eingelagert (Osteoplastik).
Sekundäroperation
Darunter versteht man „Zweiteingriffe“ im Spaltbereich, d.h. chirurgische Maßnahmen zur Verbesserung der Funktion und Ästhetik:
- Ästhetische Korrekturen an Lippe und Nase (diese sind je nach Erfordernis jederzeit möglich, größere Korrektureingriffe an der Nase meist erst nach Wachstumsabschluss);
- Nasenstegverlängerung (bei beidseitigen LKG-Spalten);
- Verschluss von „Restlöchern“ am Gaumen (oro-nasale Fisteln);
- Kieferkorrektur zur Erreichung einer normalen Position der Kiefer (vor allem des Oberkiefers).
- Sprechunterstützende Eingriffe sind notwendig, wenn es trotz komplettem Gaumenverschluss und intensiver logopädischer Behandlung zu ausgeprägten Problemen beim Sprechen („offenes Näseln“, „Hypernasalität“) kommt.
Weitere Maßnahmen der Behandlung
Die Operationen stellen nur einen Teil der Behandlung von LKG-Spalten dar. Einen ebenso hohen Stellenwert in der Therapie haben folgende Maßnahmen:
- Stillberatung: Eine Unterstützung für die Ernährung ist gerade in den ersten Lebenstagen sehr wichtig. Es gibt dafür eigens ausgebildete „Stillberaterinnen“ (IBCLC) – www.stillen.at). In gewissen Fällen kann das teilweise Trinken an der Brust ermöglicht werden.
- Logopädie: Die Hilfestellungen reichen von der zusätzlichen Unterstützung in der Stillberatung (Beratung zur Nahrungsaufnahme, z.B. welcher Sauger verwendet werden kann oder wie die Körperhaltung oder das Halten der Flasche optimiert werden kann) bis hin zu Strategien zur Unterstützung der Sprach-, Sprech- und Stimmentwicklung des Kindes.
- HNO-ärztliche Betreuung: Kinder mit Spaltenbildung im Gaumen leiden vermehrt unter Hörstörungen, aber auch Schluckstörungen und Sprechstörungen sowie Verzögerungen der Sprachentwicklung. Die HNO-Ärztin/der HNO-Arzt kann entsprechende Untersuchungen durchführen und gegebenenfalls therapeutische Maßnahmen setzen bzw. mit anderen Fachrichtungen wie z.B. Kieferchirurgie oder Logopädie koordinieren.
- Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde/Kieferorthopädie: Durch kieferorthopädische Korrekturschienen und Zahnspangen können Fehlstellungen verbessert werden.
- Psychologie: Sowohl für Eltern als auch für heranwachsende Patientinnen/Patienten kann eine psychologische Unterstützung hilfreich sein und den Umgang mit der Krankheit erleichtern.