Empfohlen wird eine Behandlung vor allem in stark ausgeprägten Fällen sowie bei erheblichem Leidensdruck (psychisch sowie im sozialen Umfeld). Gemeinsam mit der behandelnden Ärztin/dem behandelndem Arzt wird festgelegt, welche Symptome vorwiegend gelindert werden sollen. Begleiterkrankungen werden entsprechend mit behandelt.
Medikamentöse Therapie
Medikamente können Symptome lindern, haben aber keinerlei Wirkung auf die Auslöser oder den Verlauf der Erkrankung. Sie können die Beschwerden zudem nicht gänzlich beseitigen. Bei einer Linderung um 50 Prozent spricht man bereits von einem Therapieerfolg. Im Kindesalter werden vor allem Neuroleptika der sogenannten zweiten Generation als Wirkstoffe der ersten Wahl eingesetzt. Diese beeinflussen den Stoffwechsel des Botenstoffs Dopamin. Die Wirkstoffe Aripiprazol oder Risperidon haben – niedrig dosiert – relativ geringe Nebenwirkungen. Bei schweren Ticerkrankungen und Therapieversagen dieser Medikamente empfiehlt sich das etwas ältere Neuroleptikum Pimozid. Erwachsene werden mit Aripiprazol, Risperidon oder mit Sulpirid (bei begleitenden Zwängen) behandelt.
Weitere Wirkstoffe wie Clonidin, Guanfecin, SSRI-Antidepressiva oder muskelentspannende Medikamente (zentrale Muskelrelaxantien, z.B. Benzodiazepine oder Baclofen) können bei Nichtansprechen auf die primäre Behandlung allein oder in Kombination in Erwägung gezogen werden. Stehen eine ADHS-Symptomatik oder aggressives Verhalten im Vordergrund, erfolgt eine Behandlung meist mit Atomoxetin. In sehr seltenen Fällen können ab dem 18. Lebensjahr auch Cannabinoide oder tiefe Hirnstimulation (Implantation einer Elektrode) in Erwägung gezogen werden.
Psychotherapie/Verhaltenstherapie
Derzeit wird vermutet, dass Spezialformen der Verhaltenstherapie z.B. das Habit-Reversal-Training bzw. die Comprehensive Behavioral Intervention (CBIT) nicht nur Symptome bekämpfen können. Diese Methoden haben auch das Potenzial, sich günstig auf den weiteren Krankheitsverlauf auszuwirken.
Das Habit-Reversal-Training setzt sich zusammen aus:
Entspannungs- und Wahrnehmungstraining,
Erlernen eines alternativen Verhaltens (andere Bewegung, anderer Laut etc.),
Übertragen dieses Verhaltens in Alltagssituationen.
Diese Therapieform macht sich ein Phänomen, von dem Betroffene oft berichten, zunutze: das sogenannte Vorgefühl. Dabei handelt es sich um eine etwa ab dem 10. Lebensjahr spürbare zunehmende Anspannung, die dem Tic unmittelbar vorausgeht. Dieses Vorgefühl ermöglicht es, dem Tic durch entsprechende Gegenbewegung vorzubeugen.
Bei der Comprehensive Behavioral Intervention wird das Habit-Reversal-Training um Funktionsanalyse, Psychoedukation und Achtsamkeitstraining erweitert. Etwa 50 Prozent Symptomlinderung können durch Verhaltenstherapie erreicht werden. Auch Bio- oder Neurofeedback unterstütztes Entspannungstraining hat einen günstigen Einfluss auf die Ticsymptomatik.