Wenn Arbeitskollegen trinken
Inhaltsverzeichnis
Was kann ich tun?
Kolleginnen und Kollegen befinden sich mitunter in einer Zwickmühle. Unter Umständen kennt man sich schon lange und ist sogar befreundet. Es besteht der Wunsch zu helfen, doch es ist nicht klar, wie. Die Befürchtung steht zudem im Raum, dass ein Einschreiten berufliche Nachteile für die Beteiligten mit sich bringt und man die betroffene Person sozusagen anschwärzt. Folgendes können Sie als Arbeitskollegin oder Arbeitskollege beispielsweise tun:
- Gespräch suchen: Haben Sie den Verdacht, dass es einer Arbeitskollegin/einem Arbeitskollegen schlecht geht oder sie/er übermäßig trinkt, können Sie das Gespräch suchen und Ihre Sorgen äußern. Warten Sie nicht zu lange. Ein Gespräch kann für alle Beteiligten hilfreich sein. Gesetzlich verpflichtet sind Sie jedoch dazu nicht, sondern die gesetzliche Verpflichtung dazu obliegt den direkten Führungskräften. Gehen Sie vorsichtig und ohne Vorhaltungen in das Gespräch. Lassen Sie der Betreffenden/dem Betreffenden Zeit, um sich mit dem Problem, das Sie ansprechen, auseinanderzusetzen. Rechnen Sie jedoch nicht mit einem Eingeständnis. Infos und Tipps zum Gespräch finden Sie z.B. in den Broschüren
- Sucht am Arbeitsplatz (Institut für Suchtprävention der Sucht- und Drogenkoordination Wien),
- Das Gespräch unter Kolleginnen und Kollegen (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen) sowie
- Alkoholprobleme am Arbeitsplatz (Sucht Schweiz).
- Verantwortlicher Umgang: Versuchen Sie, einen angemessenen Mittelweg zu finden. Achten Sie einerseits darauf, sich nicht vereinnahmen zu lassen. Rechtfertigen Sie den übermäßigen bzw. riskanten Alkoholkonsum eines anderen nicht, und übernehmen Sie nicht die Verantwortung für Fehler, die dadurch entstehen. Unterstützen Sie die Auffälligkeiten in den Arbeitsverhaltensweisen anderer nicht. Herunterspielen, rechtfertigen, etc., kann das Erkennen und Lösen des Problems hinauszögern – mit u.U. schwerwiegenden (gesundheitlichen) Folgen für Betroffene. Vermeiden Sie andererseits überzogen hartes oder gar gehässiges Verhalten Betroffenen gegenüber. Verhalten Sie sich auch nicht als verlängerten Arm der Führungskraft, und übernehmen Sie nicht deren Verantwortung und Rolle in dieser Thematik.
- Auch auf die eigenen Bedürfnisse achten: Konzentrieren Sie sich auf die eigene Arbeit, und achten Sie auch auf die Interessen des Betriebes. Sie können durch ein Gespräch/ein Ansprechen der Person einen Beitrag leisten. Eine Lösung der ev. Konsumproblematik oder gar Suchterkrankung von Menschen am Arbeitsplatz zu erarbeiten ist Aufgabe der Führungskräfte bzw. Geschäftsführung und, wenn vorhanden, des Betriebsrates.
- Sicherheit in der Arbeit beachten: Ist die Sicherheit gefährdet, sollten Vorgesetzte umgehend informiert werden, unabhängig davon, welches Problem vorliegt. Alkohol, aber auch Übermüdung, Krankheit u.v.m. können Betroffene und andere gefährden und zu Unfällen führen.
- Mit Fachpersonen sprechen: Holen Sie sich selbst Unterstützung für ein Gespräch und den Umgang mit Betroffenen. Hilfestellung erhalten Sie z.B. betriebsintern beim Betriebsrat oder extern bei spezialisierten Beratungsstellen (Suchtberatungen). Vielleicht gibt es im Unternehmen auch ein Alkoholpräventionsprogramm, das Infos und Hilfestellung für Kolleginnen und Kollegen zum Umgang mit der Situation bietet. Beratungsstellen finden Sie unter Suchthilfekompass und Suchtprävention- & Suchtkoordinationsstellen.
Betroffene können sich zudem an Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten oder Psychologinnen/Psychologen wenden sowie an eine Arbeitsmedizinerin/einen Arbeitsmediziner oder eine niedergelassene Ärztin/einen niedergelassenen Arzt (z.B. für Allgemeinmedizin).
Wie kann ich ein Problem ansprechen?
Eine Vermutung kann belasten. Wenn Sie sich Sorgen machen oder Veränderungen bemerken, können Sie diese ansprechen. Gehen Sie authentisch, empathisch und vorsichtig vor. Bleiben Sie möglichst sachlich. Sie können etwa Ihre Beobachtungen bzw. Verhaltensauffälligkeiten der/des Betreffenden (z.B. in Bezug auf Müdigkeit, starke Stimmungsänderungen) äußern sowie ausdrücken, dass Sie Veränderungen bemerken und sich Sorgen machen. Das kann gezielt durch Ich-Botschaften erfolgen, z.B.: „Ich mache mir Sorgen, . . . “, „Mir ist aufgefallen, dass . . .“.
Mit dem Gespräch sprechen Sie eine Person an, die Ihnen wichtig ist. Gehen Sie aber ohne Erwartungshaltung in das Gespräch. Erwarten Sie kein Eingeständnis. Machen Sie keine Vorwürfe, und erzwingen Sie nichts. Die Reaktion der betreffenden Person kann unterschiedlich ausfallen. Vielleicht ist sie froh, mit jemandem zu reden, vielleicht versucht sie, das Thema herabzuspielen, leugnet es oder wird wütend. Dennoch kann ein Ansprechen dazu beitragen, dass sich die betreffende Person Gedanken macht. Und es kann, auch wenn nicht so reagiert wird, wie vielleicht erhofft, zum nächsten Schritt in die richtige Richtung beigetragen werden.
Ein eventuell übermäßiger Alkoholkonsum kann, muss aber nicht, direktes Thema des Gespräches sein. Es ist verständlich, helfen zu wollen. Eine Krankheitsdiagnose zu stellen bzw. mögliche gesundheitliche Probleme genauer zu betrachten und an einer Lösung zu arbeiten soll Fachpersonen überlassen werden (Ärztinnen/Ärzte, Psychologinnen/Psychologen, Psychotherapeutinnen/Psychotherapeuten).
Hinweis
Ein riskanter Alkoholkonsum kommt auch in der Führungsebene vor und kann die Kolleginnen und Kollegen sowie den Betrieb stark belasten.
In den folgenden Broschüren finden Sie Infos und Tipps:
- Sucht am Arbeitsplatz (Institut für Suchtprävention der Sucht- und Drogenkoordination Wien)
- Das Gespräch unter Kolleginnen und Kollegen (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen)
- Alkoholprobleme am Arbeitsplatz (Sucht Schweiz)
- Factsheet Alkoholsuchtprävention (Factsheet für BGF-Beraterinnen/-Berater, Netzwerk BGF)
Weitere Informationen:
- Alkohol (Alkoholabhängigkeit)
- Abhängigkeit
- Wenn die Psyche Hilfe braucht (umfassende Infos rund um professioneller Hilfe, Unterstützungsangebote und vieles mehr)
- Co-Abhängigkeit
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 27. Januar 2020
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Mag. Andrea Lins-Hoffelner, MBA