Harninkontinenz: Formen & Symptome
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Neben ungewolltem Harnverlust leiden Betroffene v.a. unter häufigem Toilettengang, Störung der Nachtruhe durch mehrmaliges Aufstehen, um Harn zu lassen, sowie plötzlich auftretenden starken Harndrang. Dies zeigt eine von der Medizinischen Kontinenzgesellschaft Österreich durchgeführte Untersuchung. Besonders auffällig ist darin auch, dass ein Fünftel der Befragten bereits seit mindestens zehn Jahren an Harninkontinenz leidet, ein weiteres Fünftel bereits seit mindestens fünf Jahren. Rund 60 Prozent der Betroffenen haben ihr Problem nicht bei der Hausärztin/dem Hausarzt angesprochen. Daraus lässt sich erkennen, welch großes Tabuthema Harninkontinenz nach wie vor ist. Welche Beschwerden vorherrschen, hängt u.a. auch von den Ursachen und dem vorliegenden Typ der Harninkontinenz ab.
Welche Formen von Harninkontinenz gibt es?
Am häufigsten sind folgende Harninkontinenzformen:
- Belastungsinkontinenz, frühere Bezeichnung Stressinkontinenz.
- Dranginkontinenz, auch Urgeinkontinenz bzw. Syndrom der überaktiven Blase („overactive bladder“, OAB), Reizblase.
- Mischinkontinenz aus Belastungs- und Dranginkontinenz.
- Überlaufinkontinenz, auch: Harninkontinenz bei chronischer Harnretention (Harnabflussstörung).
Je nach Geschlecht bzw. Alter herrschen verschiedene Formen vor:
- Männer: Am häufigsten ist die Dranginkontinenz.
- Frauen: Insgesamt überwiegt die Belastungsinkontinenz (ca. 50 Prozent), gefolgt von Mischinkontinenz (ca. 30 Prozent) und Dranginkontinenz (ca. 15 Prozent). Mit steigendem Alter erhöht sich der Anteil an Drang- und Mischinkontinenzen.
Belastungsinkontinenz
Der Verschlussmechanismus der Harnröhre funktioniert nicht mehr einwandfrei. Bei einem Druckanstieg im Bauchraum kann ungewollt Harn abgehen, meist tröpfchenweise. Je nach Schweregrad (I-III) der Belastungsinkontinenz kann dies in folgenden Situationen geschehen:
- beim Husten, Niesen, Lachen und Tragen, aber auch im Gehen, beim Aufstehen (I),
- bei sportlichen Betätigungen (II),
- im Liegen bzw. beim Lagewechsel im Bett oder bei wenig anstrengenden Bewegungen (III).
Bei Frauen entsteht diese Form der Inkontinenz unter Umständen als Spätfolge schwerer bzw. mehrfacher Geburten. Sie kann sich auch im letzten Schwangerschaftsdrittel zeigen, bildet sich jedoch in der Regel nach der Geburt wieder zurück.
Dranginkontinenz
Es besteht häufiger und teils sehr intensiver Harndrang, mit ungewolltem Harnverlust. Die Betroffenen müssen sehr häufig kleine Mengen Harn lassen (Pollakisurie). Gerade in der Nacht kann dies eine große Belastung darstellen (Nykturie). Der Harndrang kann sich so rasch und intensiv aufbauen, dass nicht mehr rechtzeitig eine Toilette zur Verfügung steht (imperativer Harndrang). Grund können eine übersteigerte Sensibilität der Blase sowie ungehemmte Kontraktionen des Harnblasenmuskels sein (Detrusors). Mögliche Ursachen sind u.a.:
- Blasenentzündung (Zystitis),
- Strahlenbehandlung oder Fremdkörper in der Harnröhre,
- neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Multiple Sklerose oder Morbus Alzheimer.
Bei älteren bzw. hochbetagten Menschen führt die Dranginkontinenz häufig zu Stürzen.
Weitere Informationen erhalten Sie unter Senioren & Unfälle: Die Gefahren lauern zuhause.
Mischinkontinenz
Es liegt gleichzeitig eine Belastungs- und Dranginkontinenz vor. Dabei kommt es zum unwillkürlichen Harnverlust bei meist starkem Harndrang. Grund sind eine überaktive Harnblase sowie eine Verschlussschwäche der Harnröhre. Frauen höheren Alters entwickeln häufig zu einer bereits bestehenden Belastungsinkontinenz eine Dranginkontinenz.
Überlaufinkontinenz
Typisch ist ein meist kontinuierlicher, tröpfchenweiser Harnverlust, wobei die Harnblase nie vollständig entleert wird. Der Harnabfluss ist behindert, sodass die Harnblase übervoll ist und auf Dauer überdehnt wird. Als Spätfolge können die Nieren durch einen Harnrückstau geschädigt werden. Die Überlaufinkontinenz betrifft vorwiegend Männer.
Mögliche Ursachen für Abflussbehinderungen: z.B. Prostatavergrößerung, Harnsteine oder Harnröhrenverengung, Tumore, altersbedingt schwache Blasenmuskulatur.
Seltene Formen von Harninkontinenz
- Bei der extraurethralen Inkontinenz kommt es durch Umgehung der Harnröhre zum ungewollten Austritt von Harn. Dies kann z.B. durch Gewebsschädigungen oder feinste Fistelgänge erfolgen.
- Eine Reflexinkontinenz kann z.B. bei einer Querschnittslähmung auftreten.
- Beim nächtlichen Bettnässen (Enuresis) geht während des Schlafes ungewollt Harn ab. Wann ein Kind „trocken“ wird, ist individuell sehr verschieden. Ab dem fünften Lebensjahr sollte es jedoch den Harndrang bewusst kontrollieren können. Untertags gelingt dies meistens auch. Geht beim Schlafen wiederholt im Monat ungewollt Harn ab, spricht man von Bettnässen. In sehr seltenen Fällen können auch Erwachsene unter Enuresis leiden.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 1. März 2018
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Prim. Univ.Doz. Dr. Eugen Plas, Facharzt für Urologie