Prinzipiell ist zwischen ursächlich orientierter medikamentöser Therapie und palliativer Behandlung zu unterscheiden. Die Betreuung durch ein multidisziplinäres Team, das in der palliativen Betreuung von ALS-Patientinnen und -Patienten erfahren ist, verbessert die Lebenserwartung und die Lebensqualität. Eine Heilung der Erkrankung ist derzeit nicht möglich. Von zentraler Bedeutung ist die umfassende Aufklärung der Betroffenen und ihrer Angehörigen über mögliche Beschwerden und Komplikationen sowie über alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen. Im Krankheitsverlauf sind regelmäßige Kontrollen erforderlich, um die jeweils aktuellen Bedürfnisse berücksichtigen zu können. Hilfsangebote für Angehörige sind essentiell (z.B. Angehörigentreffen).
Krankheitsmodifizierende medikamentöse Behandlung
Diese bezweckt einen verlangsamten Untergang von Nervenzellen und eine Verlängerung der Überlebenszeit. Dieser Effekt ist bei Menschen nur für die Substanz Riluzol in mehreren wissenschaftlichen Studien belegt. Der Wirkmechanismus ist nicht vollständig geklärt. Vielfältige Studien mit anderen Substanzen werden aktuell durchgeführt, um künftig das Therapiespektrum möglichst zu erweitern.
Symptomatische bzw. palliative Behandlung
Ziel ist es, die Beschwerden zu lindern sowie Lebensqualität und Selbstbestimmtheit/Selbstständigkeit der Betroffenen möglichst zu erhalten. Zentrale Säule ist die Physiotherapie (z.B. Krankengymnastik, Lymphdrainage, Atemtherapie), oft kombiniert mit Logopädie und Ergotherapie. Damit sollen u.a. Restfunktionen gefördert, geschult und sinnvoll eingesetzt sowie Folgen von mangelnder/fehlender Bewegung vermieden werden. Die medikamentöse Therapie von Symptomen und die Bereitstellung von Hilfsmitteln kann im Bedarfsfall rasch ergänzt werden.
Hingegen benötigen zwei entscheidende therapeutische Optionen – die Anlage einer PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie) zur künstlichen Ernährung und die Möglichkeiten der maschinellen Atemunterstützung – rechtzeitige Aufklärung und Beratung, damit jede Patientin/jeder Patient ausreichend Zeit hat, zu entscheiden, ob und welche Therapieoption sie/er wahrnehmen möchte.
Hinweis
Durch die Abfassung einer Patientenverfügung kann die Patientin/der Patient sicherstellen, dass zu einem Zeitpunkt, wenn sie/er nicht mehr selbst kommunizieren kann, ihre/seine Entscheidung bekannt ist und respektiert wird. Bei ALS geht es dabei insbesondere um die Ablehnung einer invasiven, maschinellen Beatmung.
Je nach aktuellem Beschwerdebild können verschiedene Optionen zum Einsatz kommen, u.a.:
Chronische Atemschwäche:
- nicht-invasive Heimbeatmung,
- Medikamente, welche die Speichelproduktion hemmen,
- mechanischer Insufflator/Exsufflator als Hustenhilfe (Cough Assist) bei Verminderung des Hustenstoßes und bronchialer Verengung durch Sekrete,
- medikamentöse Behandlung der Atemnotsymptomatik.
Terminale Atemschwäche: Ziel ist es, der Patientin/dem Patienten im Endstadium der Erkrankung einen möglichst friedlichen, stressfreien Tod zu ermöglichen. Dazu können Schmerzmittel (Opioide) sowie bei Bedarf angstlösende Substanzen (Lorazepam/Midazolam) eingesetzt werden.
Invasive, maschinelle Beatmung: Kommt es auf expliziten Wunsch der Patientin/des Patienten oder infolge eines medizinischen Notfalls bei nicht vorhandener Patientenverfügung zur invasiven Beatmung (Intubation, Luftröhrenschnitt), so kann diese bei bereits bestehender Atemmuskelschwäche bei ALS nicht rückgängig gemacht werden. Die Pflege einer invasiv beatmeten Patientin/eines intensiv beatmeten Patienten ist im häuslichen Umfeld kaum möglich, da speziell ausgebildetes Pflegepersonal benötigt wird, welches in Österreich weder vorhanden ist noch finanziert wird. Die Lähmungen schreiten auch bei lebenserhaltender Beatmung weiter fort, sodass im Endstadium ein sogenannter „Locked-in“-Zustand droht, bei welchem alle Willkürmuskeln vollständig gelähmt sind und keine Kommunikation mit der Umwelt möglich ist.
Hilfsmittelversorgung
Eine angemessene, vorausschauend geplante Hilfsmittelversorgung für ALS-Patientinnen/Patienten ist von zentraler Bedeutung. Folgende Maßnahmen stehen u.a. zur Verfügung:
- Schienen (Orthesen);
- Transfer- und Mobilitätshilfen einschließlich Liftersysteme, Rampen, Treppensteigern und wohnumfeldverbessernden Maßnahmen;
- Bewegungstrainer für Arme und Beine bei zentralen Paresen begleitend zur physikalischen Therapie;
- Rollstühle
- dynamische Kommunikationssysteme, bei Bedarf mit dynamischer Steuerung mit Mikroschaltern, Kopf-, Kinn- und Augensteuerung;
- Wohnumfeldsteuerung bei Verlust manueller Funktionen, gegebenenfalls mit Sprachsteuerung.