Auf gute Nachbarschaft setzen
Funktionierende Nachbarschaften können viel zur Lebensqualität und zum Wohlbefinden beitragen. Dies wiederum wirkt sich positiv auf die (psychosoziale) Gesundheit aus. Gesunde Nachbarschaften zeichnen sich durch gegenseitiges Verständnis, Rücksichtnahme und Toleranz aus. Sie weisen einen guten Zusammenhalt auf und erzeugen das Gefühl von Zugehörigkeit. Auf gute Nachbarinnen und Nachbarn kann man sich verlassen. Ein Gespräch am Gartenzaun, eine helfende Hand, ein offenes Ohr – in guten Nachbarschaften fühlt man sich wohl und nicht alleine gelassen.
Der Begriff „Nachbar“ ist allgemein geläufig und bekannt. Was aber ist Nachbarschaft im sozialwissenschaftlichen Kontext? Man versteht darunter soziale Beziehungen der Bevölkerung in einer Region, die in räumlicher Nähe wohnt und in ihrem Umfeld gleiche Einrichtungen verwendet, wie Schulen, Einkaufspassagen etc. Wie jemand in sein Wohngebiet integriert ist, sich dort wohlfühlt und Beziehungen aufbaut bzw. mit anderen interagiert, wirkt sich auf die Gesundheit aus. Was Sie tun können, um die Nachbarschaft aktiv mitzugestalten, erfahren Sie hier.
Inhaltsverzeichnis
Brücken zueinander bauen
Die Einbindung in die Nachbarschaft hat auch etwas damit zu tun, ob man das Gefühl hat, gebraucht oder von den anderen anerkannt zu werden. Für diese Integration braucht es Netzwerke, um Vertrauen in sich selbst und seine Nachbarn zu schaffen. Einerseits in Form informeller Netzwerke, andererseits auf der Ebene von Institutionen (z.B. über öffentliche Initiativen). Informelle Netzwerke reichen von einfacher Nachbarschaftshilfe bis hin zur Vernetzung vieler, die sich aktiv austauschen und den Lebensraum mitgestalten möchten.
Nachbarschaftsentwicklung sollte sich zum Ziel setzen, langfristig Netzwerke zu fördern und aufzubauen. Der Austausch von benachteiligten und weniger benachteiligten Bevölkerungsgruppen stellt dabei ein wesentliches Bindeglied dar. Dadurch lässt sich auch das soziale Kapital (sozialer Zusammenhalt) erhöhen. Es werden Brücken zwischen verschiedenen Gruppen gebildet. Nichtsdestotrotz kann es zu diversen Herausforderungen kommen. Dem konstruktiven Herangehen an Konflikte kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
Nähere Informationen sowie praktische Tipps zur Nachbarschaftspflege finden Sie in der Nachbarschafts-Broschüre des Fonds Gesundes Österreich (FGÖ) "Hinschauen, ins Gespräch kommen, aktiv werden“.
Gemeinsamkeiten und Besonderheiten finden
Durch Engagement der Bewohner ist die Bildung eines Netzwerkes möglich, in dem unterstützende Maßnahmen für Hilfebedürftige (z.B. Unterstützung bei Erledigungen, der Kinderbetreuung etc.) geplant bzw. durchgeführt werden. Hilfesuchende finden dadurch Entlastung, gleichzeitig werden aber auch neue Kontakte geknüpft und die Helferinnen/Helfer selbst in die Nachbarschaft besser eingebettet. Zudem können Helfen bzw. freiwilliges Engagement auch als besonders sinnvoll und ermutigend wahrgenommen werden. Durch Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls wird vieles möglich. Besteht ein gutes Nachbarschaftsverhältnis, wird auch das Auge für unsere Mitmenschen geschärft. Dadurch wird das Ansprechen auf Probleme, das Geben von Tipps und Hilfestellung im Allgemeinen leichter.
Treffpunkte in Grätzel und Siedlung
Eine weitere Möglichkeit ist es, gemeinsam etwas für alle auf die Beine zu stellen, z.B. eine gemeinsame Aktivität wie ein Ausflug, ein Fest etc. Die Einrichtung von Treffpunkten (z.B. Jugendzentrum, Haus der Generationen, Elterntreff etc.) und die Gründung von Vereinen erleichtern die Bildung von Netzwerken. Nachbarschaftsnetzwerke können auch ausgebaut werden – so entsteht von Grätzel zu Grätzel ein roter Faden an Gemeinsamkeiten und Austauschmöglichkeiten.
Wichtig ist es, die Treffpunkte möglichst offen zu gestalten, um allen Menschen die Teilhabe daran zu ermöglichen. Dies umfasst auch einen niederschwelligen Zugang (gut wahrnehmbare Zeiten, keine Teilnahmeverpflichtung etc.) und die entsprechende „Bewerbung“ (Einladung, weitere Bekannte mitzunehmen etc.).
Kontakt „auf Augenhöhe“
Das Gefühl, die eigene Umgebung mitgestalten zu können, stärkt die sogenannte Selbstwirksamkeit. Sie bedeutet, dass jemand sich frei für eine Handlung entscheiden kann und auch daran glaubt, das Geplante in die Tat umzusetzen. Die Überzeugung von den eigenen Fähigkeiten und die Kontrolle über das eigene Leben sowie Ereignisse in der umgebenden Umwelt unterstützen dabei, sich nicht hilflos und ausgeliefert zu fühlen.
Tätigkeiten in einem Nachbarschaftsnetzwerk können auch das Selbstvertrauen fördern. Das Vertrauen in das eigene Potenzial ist eine gesundheitliche Ressource. Durch Kontakt „auf Augenhöhe“ mit Gleichgesinnten wird Wertschätzung und gleichzeitig ein Gefühl des Aufgehobenseins vermittelt. Rat wird gegeben, aber auch entgegengenommen, und Verantwortlichkeiten werden in einem festgesteckten Rahmen definiert.
Nachbarschaft ist Vielfalt
In Nachbarschaften treffen die unterschiedlichsten Personen aufeinander. Diese bringen ihre eigenen Voraussetzungen, Bedürfnisse und Ansprüche an ihre Umwelt mit. Interessenkonflikte und Missverständnisse können sich negativ auf das Zusammenleben auswirken, etwa wenn keine Einigkeit darüber besteht, wie freie Flächen verwendet werden. Nicht immer gelingt es, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. Auch Gruppendruck kann sich negativ – auch auf das Gesundheitsverhalten – auswirken. Vielfalt birgt jedoch auch viele Chancen – z.B. jene, voneinander zu lernen und neue Sichtweisen etc. kennenzulernen.
Hemmschwellen überwinden – Projekte starten
Ehrenamtliche Nachbarschaftsinitiativen stoßen manchmal nach einer gewissen Zeit an ihre Grenzen, z.B. wenn professionelle Unterstützung gebraucht wird oder Kosten entstehen. Hier bedarf es teilweise Geschick und Organisationstalent, um beispielsweise finanzielle Mittel von der Stadt oder Gemeinde oder eine andere Umsetzungsunterstützungen zu erhalten.
Projekte initiieren
Personen und Organisationen, die ein umfassendes Nachbarschaftsprojekt initiieren möchten, finden wertvolle Tipps und Hilfestellungen dazu im Handbuch „„Aus Erfahrungen lernen – Gesundheitsförderung und soziale Teilhabe von Familien und älteren Menschen in Nachbarschaften.“
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 30. April 2019
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: FGÖ