Kennzeichen von Poltern
Poltern erkennt man nicht an einem einzelnen Merkmal. Es ist eine recht komplexe Redeflussstörung. Es kann zu folgenden Symptomen kommen:
- Schnelles, unregelmäßiges Sprechen
- Nicht flüssiges Sprechen:
- Wiederholung von Silben, Wörtern und Satzteilen oder Lauten
- Einschub von Lauten oder Silben (z.B. „ähm“) bzw. wiederkehrenden Floskeln (z.B. „irgendwie halt“)
- Satz- und Wortabbrüche
- Versuche, während des Sprechens das Gesprochene zu korrigieren
- Auffällige Lautbildungen, die unverständlich sind
- Monotone Sprechweise, ungewöhnliche Betonungen
- Grammatikfehler, geringer Wortschatz, Wortfindungsstörungen
- Fehlende Gliederung des Gesagten, um es verständlich auszudrücken
- Abschweifen von Redeinhalten
- Störungen der Aufmerksamkeit
- Störungen der Wahrnehmung und Verarbeitung des Gehörten
- Mangelnde Sprechkontrolle
- Fehlendes oder mangelndes Bewusstsein der vorhandenen Redeflussstörung (Betroffene bemerken oft nicht, dass die Gesprächspartnerin/der Gesprächspartner sie nicht verstehen )
- Sprechangst tritt hingegen in der Regel nur bei einer Kombination von Poltern und Stottern auf
- Holpriger Wechsel zwischen Zuhören und Sprechen in einem Dialog
- Lese-/Rechtschreibschwäche
Hinweis
Die genannten Symptome können auch teilweise bei anderen Störungen des Sprechens auftreten. Auch organische Erkrankungen kommen als Ursache infrage. Daher sollten die Beschwerden gründlich abgeklärt werden.
Für die Diagnosestellung von Poltern sollte mindestens eines der folgenden Kernsymptome vorliegen:
- hohes und/oder ungewöhnliches Sprechtempo,
- auffällige Lautbildung, undeutliches Sprechen,
- Auffälligkeiten der Sprachinhalte.
Diagnosestellung
Die Diagnose erfolgt durch eine Fachärztin/einen Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Phoniatrie sowie durch Logopädinnen/Logopäden. Die kindliche Entwicklung sowie die Krankengeschichte (Anamnese) werden erfragt. Dafür steht auch ein spezieller Anamnesefragebogen zu Verfügung (nach Sick). Ein erstes Screening auf Poltern kann etwa durch das Predictive Cluttering Inventory (PCI) erfolgen. Es wird empfohlen, Sprechproben mittels Audio- und Videoaufnahmen zu erheben. Mindestens zehn Minuten lang sollte die Patientin/der Patient spontan sprechen, zudem etwas laut vorlesen sowie nacherzählen und einen Text aufschreiben. Weiters kommt die sogenannte Fluency Assessment Battery zur Anwendung. Dabei erfolgen spezielle Messungen der Sprache sowie die Erfassung von Wahrnehmung und Gefühlen. Poltern wird im ICD-10 mit der Nummer F98.6 kodiert. Es ist wichtig, Poltern von Stottern abzugrenzen, wobei es auch Mischformen gibt.
Das sogenannte ICF-Modell bietet eine gute Grundlage für Diagnosestellung sowie Behandlungsplanung. Es bezieht Körperfunktionen und -strukturen (z.B. Sprechflüssigkeit, -geschwindigkeit etc.), Lesen, Schreiben sowie Umweltfaktoren (Familie, Schule) und die Persönlichkeit mit ein.