Bei einer Nahrungsmittelallergie handelt es sich um eine durch Antikörper vom Typ Immunglobulin E (IgE) vermittelte Überempfindlichkeitsreaktion des Körpers gegen bestimmte Nahrungsbestandteile, wobei diese Reaktionen auch gegen in Nahrungsmitteln enthaltene Zusatzstoffe bzw. unerwünschte Beimengungen von Nebenprodukten gerichtet sein können.
In den meisten Fällen besteht bei den Betroffenen eine entsprechende genetische (familiäre) Allergieneigung. Der Häufigkeitsgipfel dieser Erkrankungen liegt im Kleinkindesalter. Die Mehrzahl der Patientinnen/Patienten (bis zu 90 Prozent) leidet zuerst an einer Pollenallergie, und die Nahrungsmittelallergie tritt typischerweise erst in weiterer Folge auf. Darüber hinaus finden sich bei zwei Drittel der Betroffenen sogenannte atopische Erkrankungen:
Die häufigsten Nahrungsmittelallergien bestehen in Abhängigkeit von den jeweiligen Altersgruppen
- bei Kindern bis sechs Jahren v.a. gegen
- bei Schulkindern v.a. gegen
- bestimmte Nusssorten (Erdnüsse, Baumnüsse);
- bei Jugendlichen v.a. gegen
- Nüsse,
- Samen,
- Fische und Meeresfrüchte.
Weiters existieren auch typische Kreuzallergien, die durch ähnliche allergieauslösende Eiweißstrukturen in bestimmten Pflanzenbestandteilen (v.a. Blütenpollen) sowie den Nahrungsmitteln verursacht werden. Dementsprechend sind bei Pollenallergikerinnen/-allergikern oft auch die folgenden Nahrungsmittelallergien typisch:
- bei Birkenpollenallergie gegen Kern- (Äpfel), Steinobst (z.B. Kirschen), Haselnüsse etc.
- bei Gräser- bzw. Getreidepollen gegen Erdnüsse, Soja und andere Hülsenfrüchte,
- bei Beifußpollen gegen Sellerie u.a.
Ebenso gibt es bestimmte zusätzliche (modulierende) Faktoren, die das Auftreten von zum Teil auch schweren allergischen Reaktionen begünstigen können:
- Häufigkeit und Menge des zugeführten Allergens,
- Zubereitungsart (Kochen inaktiviert eine Reihe von Allergenen),
- körperliche Anstrengung direkt nach einer Mahlzeit bei Allergikerinnen/Allergikern,
- Stress,
- hormonelle Faktoren u.v.m.
Im Hinblick auf die Erkrankungsentstehung einer Nahrungsmittelallergie müssen tatsächliche immunologische (allergische) Reaktionen von nicht-immunologischen Unverträglichkeitsreaktionen auf Nahrungsmittel unterschieden werden, wobei es folgende Immunreaktionen nach entsprechender Allergenzufuhr gibt:
- Die häufigste Form sind Immunglobulin-E-(IgE-)vermittelte Reaktionen, die durch Freisetzung von Histamin aus Mastzellen innerhalb von einer Stunde auftreten (Typ I – Sofortreaktion);
- seltenere Formen sind Immunglobulin-G-(IgG-)vermittelte Reaktionen, die durch Bildung von Immunkomplexen innerhalb von einer bis 20 Stunden auftreten (Typ III – Intermediärreaktion) sowie
- durch T-Lymphozyten vermittelte Reaktionen, die nach 20 Stunden auftreten können (Typ IV – verzögerte Reaktion).
Zu den wichtigsten nicht-immunologischen Unverträglichkeitsreaktionen auf Nahrungsmittel gehören die sogenannten pseudoallergischen Reaktionen. Diese zeigen zwar ein ähnliches Beschwerdebild wie Allergien, weil sie ebenfalls durch Freisetzung von Histamin aus Mastzellen verursacht werden. Auslösemechanismen sind in diesen Fällen aber nicht die oben dargestellten immunologischen Reaktionen. Solche Unverträglichkeitsreaktionen können unter den folgenden Umständen auftreten.
- Bei sogenannter Histaminintoleranz – hier kann ein Ungleichgewicht zwischen Histamin-Anfall (durch -Zufuhr und/oder Mastzell-Ausschüttung) sowie -Abbau (Enzym Diaminoxidase – DAO) bestehen.
- Nach Zufuhr großer Mengen von biogenen Aminen aus bestimmten Nahrungsmittelquellen: Histamin (Sauerkraut, manche Käsesorten, Rotwein, Thunfischkonserven u.v.m.), Serotonin (Bananen, Walnüsse etc.), Tyramin (Käse, Tomaten, Avocados etc.).
- Durch Nahrungsmittelzusatzstoffe: z.B. Sulfite (in Bier und Wein).
- Durch Natriumglutamat: sogenanntes „Chinarestaurant-Syndrom“ (oft durch Sojasauce ausgelöst).
Schließlich gibt es aber auch noch eine weitere Gruppe nicht-immunologischer Unverträglichkeitsreaktionen auf Nahrungsmittel, die speziell im Hinblick auf die Behandlung von tatsächlichen Nahrungsmittelallergien abzugrenzen sind. Dazu zählen
- angeborene Enzymdefekte wie Laktasemangel und Fruktoseintoleranz,
- Gluten-sensitive Enteropathie (sogenannte Sprue),
- systemische Mastozytose u.a.
Die Beschwerden einer Nahrungsmittelallergie können durch die Histamin-Effekte die folgenden Organe betreffen:
- Haut: sogenannter „Nesselausschlag“ (Urtikaria) mit Quaddelbildungen, Juckreiz, Exanthem.
- Atemwege: allergische Rhinitis, Bronchialasthma etc.
- Verdauungstrakt: sogenanntes orales Allergie-Syndrom (Jucken und Kribbeln an Zunge, Gaumen); Baukrämpfe, Erbrechen, Durchfälle etc.
- Herz-Kreislauf-System: Schockzeichen (Blutdruckabfall, Herzrasen), Anaphylaxie;
- Nervensystem: v.a. Kopfschmerzen.
Im Hinblick auf die Abklärung einer Nahrungsmittelallergie sind die folgenden diagnostischen Schritte erforderlich:
- Anamnese: Befragung der Patientin/des Patienten nach allergischen Beschwerden, und wann diese auftreten.
- Das Führen eines Ernährungstagebuches über drei Wochen ist zu empfehlen.
- Weiters Ausschluss nicht-immunologischer Unverträglichkeitsreaktionen auf Nahrungsmittel (z.B. Histamin-Intoleranz).
- Einhaltung einer allergenarmen Eliminationsdiät über sieben Tage und anschließende schrittweise Zufuhr einzelner Nahrungsmittel.
- Labortests:
- Bestimmung von Gesamt-IgE im Blut;
- Bestimmung allergenspezifischer IgE-Antikörper im Blut;
- Bestimmung allergenspezifischer IgG-Antikörper im Blut;
- Spezialtests:
- Untersuchungen auf Histamin (in unterschiedlichen Untersuchungsmaterialien), DAO, ECP, Tryptase etc.
- Hauttestungen (Prick-Tests): dabei wird die Hautreaktion auf bestimmte Allergene untersucht.
Zur Behandlung einer Nahrungsmittelallergie sind eine umfassende Ernährungsberatung sowie die Allergenkarenz (Meiden der entsprechenden Nahrungsmittel) die wichtigsten therapeutischen Schritte. Darüber hinaus ist auch die Einhaltung der folgenden allgemeinen Empfehlungen ratsam:
- Vermeiden von
- Fertigprodukten und Würzmischungen,
- rohen bzw. kalten Speisen,
- üppigen Buffets;
- generell Histamin-arme Kost;
- Führen einer Liste erlaubter Speisen (sogenannte Positivliste);
- Verwendung hypoallergener Nahrungsmittel (v.a. bei prädisponierten Kindern).
Im Hinblick auf medikamentöse Therapieoptionen gibt es folgende Möglichkeiten, die von der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt in Abhängigkeit von den Beschwerden bei den Patientinnen/Patienten verschrieben werden können:
- sogenannte Mastzellstabilisatoren: z.B. Cromoglicinsäure,
- Antihistaminika,
- Vitamin B6 (DAO-Kofaktor),
- Asthmatherapeutika u.a.
Durch eine konsequente Behandlung der Nahrungsmittelallergie kann vor allem mittels langjähriger Allergenkarenz in vielen Fällen eine tatsächliche Ausheilung der Erkrankung erzielt werden. Während bei Kindern die Heilungschancen bei über 50 Prozent liegen, kann im Erwachsenenalter in bis zu einem Drittel der Fälle mit einem Verschwinden der Allergie gerechnet werden. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit einer sogenannten Hyposensibilisierung, die bei Allergien gegen bis zu drei Stoffen als erfolgversprechend erachtet wird.
Weitere Informationen zu