Bei einer „Anaphylaxie“ handelt es sich um die schwerste Form einer allergischen Reaktion des Körpers (sogenannte Allergie). Unter Allergie versteht man eine Überempfindlichkeit („Hypersensitivität“) des Körpers gegenüber bestimmten Stoffen („Allergene“).
Die häufigsten Auslöser anaphylaktischer Reaktionen sind auf der einen Seite bestimmte Nahrungsmittel:
- Kinder bis sechs Jahre v.a.
- Schulkinder v.a.
- bestimmte Nusssorten (Erdnüsse, Baumnüsse);
- Jugendliche v.a.
- Nüsse,
- Samen,
- Fische und Meeresfrüchte.
Auf der anderen Seite können aber auch Insektenstiche eine Anaphylaxie auslösen, wobei diese etwa 25 Prozent aller schweren Fälle allergischer Reaktionen darstellen:
- v.a. Bienen- und Wespenstiche,
- seltener Hornissen- oder Hummelstiche.
Darüber hinaus können Anaphylaxien aber auch im Zusammenhang mit der Einnahme bzw. Verabreichung bestimmter Medikamente, Arzneimittelinhaltsstoffe oder auch durch Reaktionsprodukte von Medikamenten, die erst im Körper selbst entstehen (z.B. Penicilloyl), auftreten:
- Allergien gegen Antibiotika: Penicilloyl G, Penicilloyl V, Ampicilloyl, Amoxycilloyl, Cefaclor.
- Allergische bzw. anaphylaktische Reaktionen im Zusammenhang mit Narkosemitteln: Chlorhexidin, Morphin, Pholcodin, Suxamethonium, Ethylenoxid (industrielles Sterilisationsmittel), Gelatine (Arzneimittelinhaltsstoff), Latex (Inhaltsstoff von Kathetern und Kanülen), Soja (Inhaltsstoff von Propofol).
Bei einer Anaphylaxie handelt es sich um einen allergischen Notfall, wobei das Beschwerdebild in vier Schweregrade unterteilt wird (beim Grad null sind die Reaktionen lokal auf Haut oder Schleimhäute begrenzt):
- Grad I: Allgemeinbeschwerden (Angstzustände, Schwindel, Kopfschmerzen etc.) und Hautreaktionen (Juckreiz, Nesselausschlag u.a.);
- Grad II: zusätzlich zu den Grad-I-Symptomen auftretender Blutdruckabfall und Herzrasen („Tachykardie“);
- Grad III: zusätzlich zu den Grad-II-Symptomen auftretende schwere Atembeschwerden (Bronchospasmen, Asthmaanfälle) sowie Schocksymptome (Kreislaufkollaps);
- Grad IV („anaphylaktischer Schock“): zusätzlich zu den Grad-III-Symptomen auftretender Atem- und Kreislaufstillstand.
Im Hinblick auf die Risikoabschätzung für das Auftreten einer Anaphylaxie sind bestimmte Faktoren ausschlaggebend – sogenannte Risikofaktoren:
- Allergieneigung in der Familie bekannt,
- bereits früher einmal aufgetretene anaphylaktische Reaktionen,
- bereits bestehende (bekannte) Nahrungsmittelallergien,
- bereits bekannte Medikamentenallergien bzw. suspekte körperliche Beschwerden und Reaktionen nach der Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. Penicillin),
- unzureichend behandeltes Bronchialasthma.
Darüber hinaus existieren bestimmte zusätzliche Faktoren, die eine Anaphylaxie akut auslösen können:
- körperliche Anstrengung direkt nach einer Mahlzeit bei Allergikern,
- Stress,
- hormonelle Faktoren etc.
Zur Abklärung einer Allergie ist ein entsprechendes diagnostisches Prozedere erforderlich:
- Anamnese: Befragung der Patientin bzw. des Patienten nach allergischen Beschwerden und wann diese auftreten.
- Hauttestungen: Dabei wird die Hautreaktion auf bestimmte Allergene untersucht.
- Labortests:
- Bestimmung von Gesamt-IgE im Blut,
- Bestimmung allergenspezifischer IgE-Antikörper im Blut,
- Bestimmung allergenspezifischer IgG-Antikörper im Blut.
- Provokationstests:
- Zur Diagnosesicherung kann in bestimmten Fällen unter ärztlicher Aufsicht das infrage kommende Allergen in ansteigender Dosierung verbreicht werden (Haut, Schleimhaut), wobei anschließend die Reaktion des Körpers beobachtet wird.
Für Personen mit bekanntem Anaphylaxierisiko wird das ständige Mitführen eines speziellen Notfallsets angeraten, welches die folgenden Arzneimittel beinhalten muss:
- Adrenalin-Autoinjektor (z.B. EpiPen®),
- Antihistaminikum (H1-Blocker),
- Glukokortikoid (z.B. Kortison),
- Antiasthamtikum (Beta2-Mimetikum in Form eines Sprays oder Inhalators).
Nach entsprechender Allergenexposition (Insektenstich, Zufuhr allergieauslösender Nahrungsmittel etc.) bei gefährdeten Personen sind stets entsprechende Erste-Hilfe-Maßnahmen erforderlich:
- Nahrungszufuhr beenden bzw. Insektenstachel entfernen,
- Schocklagerung (flach hinlegen, Beine hoch lagern),
- Hilfe rufen (Notarzt bzw. Rettung),
- bei beginnenden allergischen Reaktionen Verabreichung von
- Antihistaminikum sowie
- Kortison;
- bei Auftreten schwerer allergischer Reaktionen Verabreichung von
- Adrenalin (Injektion seitlich in den Oberschenkel) sowie
- Antiasthamtikum (mittels Spray oder Inhalator).
Zur Vermeidung des Auftretens schwerer anaphylaktischer Reaktionen ist neben der Kenntnis der individuellen Allergieneigung auch die Berücksichtigung häufiger Kreuzreaktionen wichtig – sogenannte Kreuzallergien.
Die Ursache für diese allergischen Phänomene sind ähnliche allergieauslösende Eiweißstrukturen in bestimmten Nahrungsmitteln. Dies kann dazu führen, dass Allergiker gegen Birkenpollen oft auch gegen die folgenden Nahrungsmittel allergisch sind:
- Steinobst (Kirsche),
- Kernobst (Apfel, Birne),
- Nüsse,
- Soja.
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit bestimmter allergischer Erkrankungen stellt die spezifische Immuntherapie (SIT) dar. Diese wird auch als „Hyposensibilisierung“ bzw. „Desensibilisierung“ bezeichnet und ist vor allem bei folgenden Allergieformen erfolgversprechend:
- Insektengiftallergien,
- Hausstaubmilbenallergie,
- bestimmten Pollenallergien (Lieschgras, Birke, Beifuß).
Bei der SIT erfolgt die Verabreichung kleiner Mengen, möglichst spezifischer Allergenkomponenten (eine exakte diagnostische Abklärung ist daher im Vorfeld der SIT erforderlich) in symptomfreien Perioden über einen Zeitraum von zumindest drei Jahren, wobei die Erfolgsraten bei monovalenten Allergien sowie jüngeren Patientinnen und Patienten bei bis zu 70 Prozent liegen.