Rett-Syndrom
Das Rett-Syndrom ist eine seltene Erkrankung. Etwa ein weibliches Neugeborenes auf 10.000 Geburten ist davon betroffen. Beim Rett-Syndrom kommt es im Kleinkindalter zu einem Verlust von bereits vorhandenen Fähigkeiten der Sprache sowie der Bewegung.
Erfahren Sie mehr zu Ursachen, Diagnose und Behandlung.
Inhaltsverzeichnis
Welche Ursachen hat das Rett-Syndrom?
Die Ursache des Rett-Syndroms liegt in genetischen Veränderungen des sogenannten MECP2-Gens. Menschen mit weiblichem Geschlecht haben zwei X-Chromosomen. Menschen mit männlichem Geschlecht haben ein X- und ein Y-Chromosom. Das MECP2-Gen befindet sich auf dem X-Chromosom. Aus diesem Grund sind bis auf seltene Ausnahmen nur Mädchen betroffen. Männliche Betroffene versterben meist vor der Geburt oder weisen wesentlich schwerere Symptome auf. Die genetischen Veränderungen werden Mutationen genannt. Sie treten in fast allen Fällen spontan in den Geschlechtszellen des Vaters auf. Daher ist das Wiederholungsrisiko innerhalb einer Familie sehr gering.
Die genetische Veränderung führt zu einem Bauplanfehler der Vernetzung von Nervenzellen im Gehirn. Wissenschaftlerinnen bzw. Wissenschaftler können dies auf mikroskopischer Ebene nachweisen. Die Veränderung lässt sich jedoch nicht in einer MR-Untersuchung des Gehirns abbilden.
Welche Symptome & Phasen sind typisch bei Rett-Syndrom?
Mädchen mit sogenanntem klassischem Rett-Syndrom zeigen erste Entwicklungsauffälligkeiten im Alter von 6 bis 18 Monaten. Danach treten 4 typische Krankheitsstadien auf:
- Frühe Stagnationsphase (im Alter von 6 bis 18 Monaten): Stagnation bedeutet Stillstand. Es kommt zu einem Stillstand der Entwicklung. Das Wachstum des Kopfes nimmt ab. Zudem kann das Kind die Hände nicht mehr zielgerichtet bewegen (z.B. etwas aufheben).
- Regressionsphase (im Alter von 1 bis 4 Jahren): Regression bedeutet Zurückfallen oder Rückschritte machen. Es kommt zum Verlust bereits erworbener Fähigkeiten im Bereich von Sprache und Bewegung. Es treten stereotype – sich immer auf die gleiche Weise wiederholende – Bewegungen und ein unsicheres Gangbild auf. Epileptische Anfälle und Auffälligkeiten der Atmung können in diesem Stadium beginnen. Zu Auffälligkeiten der Atmung zählen kurze Atemaussetzer oder schnelles tiefes Atmen (Hyperventilation).
- Pseudostationäre Phase (Schulalter): Pseudostationär bedeutet, dass die Symptome eine Zeit lang gleich oder ähnlich bleiben. Diese Phase dauert Jahre. Vielen Mädchen ist Gehen möglich – teilweise ohne Hilfe. Die Kommunikation wird z.B. durch Tablets mit Augensteuerung unterstützt. Die Epilepsie ist meist leichter behandelbar.
- Das späte Stadium: Mit zunehmendem Alter stehen Störungen der Bewegung und orthopädische Probleme – insbesondere eine Skoliose – im Vordergrund. Die Fähigkeiten in der Kommunikation und die verbliebenen Funktionen der Hand nehmen jedoch nicht weiter ab. Die Lebenserwartung ist prinzipiell nicht eingeschränkt, obwohl die Sterblichkeit leicht erhöht sein dürfte. Schwere epileptische Anfälle und unklare Herzrhythmusstörungen können etwa für plötzliche vereinzelte Todesfälle verantwortlich sein. Für Fragen zu einer individuellen Prognose für Betroffene, steht die jeweilige Ärztin oder der jeweilige Arzt zur Verfügung.
Neben dem klassischen Rett-Syndrom gibt es noch verschiedene Varianten mit ähnlichen Symptomen. Die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt informiert Sie, ob eine Variante vorliegt und was dabei zu beachten ist.
Wie wird die Diagnose Rett-Syndrom gestellt?
Für die Diagnose eines klassischen Rett-Syndroms sind folgende Symptome besonders wesentlich:
- Abnahme des Kopfwachstums
- Verlust von bereits erworbener Sprache (teilweise oder komplett)
- Verlust von Funktionen der Hand (teilweise oder komplett)
- Mangelnde oder keine Fähigkeit zu gehen
- Sich immer wiederholende Bewegungen der Hände (Stereotypien)
Je nach Auftreten von typischen Symptomen zieht die Ärztin oder der Arzt die Diagnose eines Rett-Syndroms in Betracht. Bei Verdacht auf ein Rett-Syndrom erfolgt eine genetische Untersuchung in Form einer Blutuntersuchung.
Wie erfolgt die Behandlung eines Rett-Syndroms?
Derzeit ist keine Behandlung der Ursache des Rett-Syndroms möglich. Die Fachwelt forscht jedoch an gentherapeutischen Ansätzen.
Es kommen verschiedene Förderungen zum Einsatz. Dazu zählen:
- Frühförderung,
- Physiotherapie,
- Ergotherapie,
- Musiktherapie sowie
- Logopädie.
Regelmäßige neurologische und orthopädische Untersuchungen ermöglichen es, frühzeitig notwendige weitere Maßnahmen zu ergreifen. Dazu zählen:
- die Behandlung von epileptischen Anfällen,
- die Vorbeugung und gegebenenfalls Behandlung einer ausgeprägten Skoliose sowie
- Hilfen für die Ernährung – bis hin zur Notwendigkeit einer sogenannten PEG-Sonde.
Wohin kann ich mich wenden?
Erste Ansprechstelle für Auffälligkeiten in der Entwicklung oder Gesundheitsanliegen bei Kindern ist die Kinderärztin oder der Kinderarzt. Diese bzw. dieser sollten im Bedarfsfall den Kontakt zu einem spezialisierten Zentrum (Expertisezentrum) herstellen. Nähere Informationen finden Sie unter Seltene Erkrankungen: Diagnose & Behandlung.
Auch die Österreichische Rett-Syndrom-Gesellschaft bietet weitere Informationen.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger.
Weitere Informationen finden Sie außerdem unter:
- Recht auf Behandlung
- Arztbesuch: Kosten und Selbstbehalte
- Was kostet der Spitalsaufenthalt
- Rezeptgebühr: So werden Medikamentenkosten abgedeckt
- Reha & Kur
- Heilbehelfe & Hilfsmittel
- Gesundheitsberufe A-Z.
Über die jeweiligen Bestimmungen informieren Sie sich bitte zudem bei Ihrem Krankenversicherungsträger, den Sie über die Website der Sozialversicherung finden.
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 16. März 2022
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: ao. Univ.-Prof. Dr. Michael Freilinger