Morbus Cushing (Cushing-Syndrom)
Unter dem Cushing-Syndrom versteht man körperliche Veränderungen, die durch eine erhöhte Konzentration von Kortisol – einem Steroidhormon aus der Gruppe der Glukokortikoide – im Blutplasma hervorgerufen werden. Ein Cushing-Syndrom kann durch äußere oder innere Faktoren verursacht werden. Da Glukokortikoide eine zentrale Rolle im menschlichen Stoffwechsel spielen, kann ein Cushing-Syndrom sehr vielfältige Symptome verursachen. Meist wird es durch eine längerfristige Einnahme von Kortison in höheren Dosierungen verursacht, seltener durch Hormonregulationsstörungen des Körpers oder Tumore, die Kortisol produzieren.
Inhaltsverzeichnis
Welche Ursachen hat das Cushing-Syndrom?
Je nach Auslöser werden zwei Hauptformen unterschieden:
Exogenes Cushing-Syndrom
Es kann durch die therapeutische Zufuhr von Glukokortikoiden hervorgerufen werden. Glukokortikoiden sind entzündungshemmende Medikamente mit Kortison. Exogenes Cushing-Syndrom kann bei der Einnahme dieser Medikamente über einen längeren Zeitraum und in hoher Dosierung auftreten. Auch die gleichzeitige Gabe von Ritonavir (ein Medikament zur Therapie von HIV und Aids) oder hochdosiertes Megestrol (Arzneimittel zur Therapie von Brustkrebs mit Metastasenbildung) kann diese Form des Cushing-Syndroms auslösen.
Endogenes Cushing-Syndrom
Dabei produziert der Körper selbst zu viele Glukokortikoide. Unterschieden werden v.a. folgende Unterformen:
- Morbus Cushing (zentrales Cushing-Syndrom): Dieses Krankheitsbild macht etwa 70 bis 80 Prozent der endogenen Cushing-Syndrom-Fälle aus. Entweder entsteht in der Hypophyse zu viel Adrenocorticotropin (ACTH) und/oder – deutlich seltener – der Hypothalamus im Zwischenhirn bildet zu große Mengen des Hormons Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH). Meist ist ein kleiner gutartiger Tumor des Hypophysenvorderlappens (Mikroadenom) für den ACTH-Überschuss verantwortlich. ACTH regt die Nebennieren an, mehr Cortisol zu produzieren.
- Ektopes oder paraneoplastisches Cushing-Syndrom: In etwa zehn Prozent der Fälle wird an anderer Stelle im Körper zu viel ACTH gebildet, z.B. in manchen bösartigen Tumoren (Lungenkrebs, Darmkrebs).
- Adrenales Cushing-Syndrom: In etwa zehn bis 15 Prozent bilden die Nebennieren von sich aus zu viele Steroide. In vielen Fällen handelt es sich dabei um Tumore in der Nebennierenrinde.
Das Cushing-Syndrom kann auch bei seltenen genetischen Störungen auftreten.
Welche Symptome können auftreten?
Die Überproduktion von Nebennierenrindenhormonen führt im Körper zu verschiedensten Veränderungen, die leicht mit einem typischen „Wohlstandssyndrom“ verwechselt werden können. Insbesondere im Vergleich mit früheren Fotos der/des Betroffenen fallen oft deutliche äußerliche Veränderungen auf. Folgende Symptome können u.a. auf ein Cushing-Syndrom hinweisen:
- starke Gewichtszunahme mit stammbetonter Fettverteilung (dicker Bauch, kräftige Brust und Schultern),
- Vollmondgesicht und Stiernacken,
- Muskelabbau bzw. -schwäche (dünne Arme und Beine),
- rote Dehnungsstreifen (Striae) auf der Haut, auffällig am Bauch,
- Akne,
- Hämatomneigung,
- Bluthochdruck,
- Psychische Störungen (meist Depressionen oder übertrieben gehobene Stimmung),
- Sexualstörungen (Libidoverlust, bei Frauen Zyklusstörungen, bei Männern Potenzstörungen),
- Menstruationsauffälligkeiten,
- Harnsteine in den Harnwegen (Urolithiasis),
- Glukoseintoleranz (mit Diabetes mellitus),
- Hyperlipidämie,
- Hypokaliämie,
- erhöhte Anfälligkeit für Infektionen,
- Osteoporose,
- Wachstumsstörungen im Kindesalter.
Wie wird die Diagnose gestellt?
In einem ersten Schritt wird abgeklärt, ob die Symptomatik auf eine kortikosteroidhaltige Dauertherapie und somit auf ein exogenes Cushing-Syndrom zurückgeführt werden kann. In weiterer Folge wird mindestens zweimalig der Kortisol-Spiegel in Harn, Blut und/oder Speichel gemessen. Zudem erfolgt ein sogenannter Dexamethason-Suppressionstest, um ein mögliches Cushing-Syndrom zu bestätigen oder auszuschließen. Mittels weiterführender Untersuchungen wie v.a. Labortests, Röntgen, Ultraschall, Computertomographie oder Magnetresonanztomographie wird geprüft, welche Form bzw. Ursache eines endogenen Cushing-Syndroms vorliegt.
Wie erfolgt die Behandlung eines Cushing-Syndroms?
Die Behandlung folgt einer multidisziplinären Strategie und richtet sich nach der Ursache und den Auswirkungen des Kortisol-Überschusses im Blutplasma:
- Exogenes Cushing-Syndrom: Die Kortisonpräparate werden langsam – d.h. mit allmählich sinkender Dosis – reduziert und wenn möglich schließlich abgesetzt. Dadurch sollen etwaige Nebenwirkungen eines abrupten Kortisonentzuges vermieden werden.
- Endogenes Cushing-Syndrom: Verursachende Tumore werden möglichst vollständig operativ entfernt. Ist dies nicht oder nicht komplett möglich, können eventuell eine Strahlentherapie und/oder eine Chemotherapie zum Einsatz kommen. Eine weitere Möglichkeit sind Medikamente, welche die Kortisolproduktion in der Nebennierenrinde hemmen (Adrenostatika).
Nach einer operativen Entfernung des Tumors aus Hypophyse oder Nebenniere sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig, um rechtzeitig einen möglichen Krankheitsrückfall zu erkennen und außerdem – sofern eine medikamentöse Ersatztherapie erforderlich ist – die optimale Kortisondosis festzustellen.
Die Prognose ist abhängig von der Ursache des Cushing-Syndroms und dem Schweregrad der zugehörigen Komplikationen. In der Mehrzahl der Fälle kann es jedoch wirksam behandelt werden.
Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite von Orphanet.
Wohin kann ich mich wenden?
Bei Beschwerden, die auf ein Cushing-Syndrom hindeuten, können Sie sich an folgende Stellen wenden:
- Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin,
- Fachärztin/Facharzt für Interne Medizin.
Auf die Diagnose und Behandlung des Cushing-Syndroms sind in Österreich verschiedene Krankenhäuser mit sogenannten Referenzzentren spezialisiert. Weitere Informationen und Adressen finden Sie über die Webseiten von Endo-ERN (Europäisches Referenz-Netzwerk für seltene Stoffwechselerkrankungen) sowie Orphanet Österreich.
Wie erfolgt die Abdeckung der Kosten?
Alle medizinisch notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von den Krankenversicherungsträgern übernommen. Grundsätzlich rechnet Ihre Ärztin/Ihr Arzt bzw. das Ambulatorium direkt mit Ihrem Krankenversicherungsträger ab. Bei bestimmten Krankenversicherungsträgern kann jedoch ein Selbstbehalt für Sie anfallen (BVAEB, SVS, SVS, BVAEB).Sie können allerdings auch eine Wahlärztin/einen Wahlarzt (d.h. Ärztin/Arzt ohne Kassenvertrag) oder ein Privatambulatorium in Anspruch nehmen.
Nähere Informationen finden Sie unter Kosten und Selbstbehalte.
Wenn ein Krankenhausaufenthalt erforderlich ist
Zur Diagnose und Therapie eines Cushing-Syndroms kann ein Krankenhausaufenthalt erforderlich sein. Dabei wird über die Krankenhauskosten abgerechnet. Von der Patientin/dem Patienten ist pro Tag ein Kostenbeitrag zu bezahlen. Die weitere medikamentöse Behandlung zu Hause erfolgt per Rezept durch die Allgemeinmedizinerin/den Allgemeinmediziner bzw. durch die Fachärztin/den Facharzt. Weitere Informationen erhalten Sie unter Was kostet der Spitalsaufenthalt?
Die verwendete Literatur finden Sie im Quellenverzeichnis.
Letzte Aktualisierung: 1. Februar 2019
Erstellt durch: Redaktion Gesundheitsportal
Expertenprüfung durch: Prim. Dr. Heidemarie Abrahamian